Zweiter Anlauf zur kalten Verbrennung Brennstoffzelle im Auto kommt zurück

Offenbach/Berlin (RPO). Skeptiker hatten die Brennstoffzelle schon abgeschrieben. Doch jetzt erlebt die "kalte Verbrennung" von Wasserstoff im Auto ein Comeback. Denn auch wenn alle Welt vom Elektroauto mit Batterieantrieb spricht, kann dies nur als Brückentechnologie mit geringen Reichweiten verstanden werden, bis leistungsfähige Akkus verfügbar sind.

Der neue Honda FCX Concept
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Foto: Hersteller

Die Brennstoffzellentechnologie sei "der ultimative Antrieb mit all seinen Vorteilen", sagt Thomas Brachmann aus dem Honda-Entwicklungszentrum in Offenbach. Um die Entwicklung voranzutreiben, haben Industrie, Politik und Energieversorger eine Reihe von Initiativen gestartet, die der Brennstoffzelle den Weg in die Serie ebnen soll. Ein knappes Dutzend Fahrzeughersteller zum Beispiel hat eine Absichtserklärung zur Entwicklung und Markteinführung von Elektrofahrzeugen mit Brennstoffzelle veröffentlicht. Sie gingen dabei ab 2015 von mehreren Hunderttausend Fahrzeugen weltweit aus, erklärt Daimler in Stuttgart.

Einzelstücke für mehrere Hunderttausend Euro

Derzeit kosten die oft handgefertigten Fahrzeuge noch mehrere Hunderttausend Euro und wären im freien Handel nahezu unverkäuflich. Doch funktionieren die Prototypen im Alltag bereits weitgehend reibungslos: Aus dem unter Hochdruck gelagerten Wasserstoff erzeugt die Brennstoffzelle den Strom für einen Elektromotor, der die Fahrzeuge flott und flüsterleise durch die Stadt surren lässt.

"Als einziges Abgas entsteht dabei Wasserdampf", erläutert Sachito Fujimoto, der für Honda den FCX Clarity entwickelt hat. Einem batterieelektrischen Fahrzeug sind solche Modelle mit Brennstoffzelle überlegen: Sie fahren in der Regel schneller und vor allem weiter. "Reichweiten von mehr als 400 Kilometer sind kein Problem. Und statt mehrere Stunden an die Steckdose, müssen sie nur für ein paar Minuten an die Wasserstoff-Zapfsäule", sagt Honda-Experte Brachmann.

Infrastruktur ist der Knackpunkt

Das ist der Knackpunkt: Während man Strom an jeder Ecke bekommen könnte, liegt die Infrastruktur für Wasserstoff noch im Argen. Zwar ist Deutschland Vorreiter in Europa. Doch den Tausenden Zapfsäulen für Benzin und Diesel stehen nur 30 für Wasserstoff gegenüber, von denen nur 7 in einem öffentlichen Betrieb integriert sind. Dabei ist für "die erfolgreiche Einführung von Wasserstoff-Fahrzeugen der Aufbau einer öffentlichen Wasserstoff-Infrastruktur entscheidend", sagt Mercedes-Sprecher Matthias Brock.

Versorger und Politik haben daher ein stärkeres Engagement versprochen. Während neue Tankstellen geplant werden, baut die Industrie ihre Testflotten aus und holt mehr Normalkunden hinters Steuer. So hat der VW-Konzern je zwei Tiguan und Caddy maxi sowie zwei Audi Q5 mit Brennstoffzelle an die Clean Energy Partnership in Berlin übergeben. Mercedes beginnt mit der Serienproduktion der B-Klasse mit Brennstoffzelle, die allerdings auf 200 Fahrzeuge limitiert ist. Und Honda will die Flotte der rund zwei Dutzend FCX in Tokio und Los Angeles in den nächsten Jahren aufstocken und den Wagen auch nach Europa holen. "Die ersten zwei Autos sind bereits in Offenbach stationiert", sagt Brachmann. "Sobald es mehr Tankstellen gibt, werden wir auch mehr Autos ins Land holen."

BMW glaubt nicht an die Brennstoffzelle

Auf eine bessere Infrastruktur hofft auch BMW. Die Bayern glauben zwar nicht an die Brennstoffzelle für den Antrieb, wollen den Wasserstoff aber direkt im Motor verbrennen. Nachdem es um den Prototypen Hydrogen7 zuletzt ruhig geworden ist, hat BMW-Chef Norbert Reithofer parallel zur Brennstoffzellen-Initiative die Pläne des Unternehmens bekräftigt: "Wir halten an der Technologie fest und werden weiter daran entwickeln." Ein neues Auto aber werde es erst geben, wenn vor allem beim Tank Fortschritte gemacht worden sind.

Auch wenn mit den Initiativen ein Ruck durch die Entwicklungszentren gegangen ist, bleiben die Prognosen für die Brennstoffzelle verhalten. "Je nachdem, wie sich die notwendige Entwicklung der Infrastruktur künftig darstellt, rechnen wir nicht mit einer Einführung vor 2015", sagt etwa Toyota-Sprecher Tim Fronzek. VW-Konzernforschungschef Jürgen Leohold hält sogar erst 2020 für ein realistisches Datum.

"Die Technik an sich ist serienreif"

Auch Branchenkenner bewerten die Brennstoffzelle nach wie vor skeptisch. "Die Technik an sich ist serienreif", sagt Christian Müller vom Analysespezialisten IHS Global Insight in Frankfurt/Main: "Die fehlende Infrastruktur ist allerdings das Thema, das die zeitnahe Einführung von Brennstoffzellenfahrzeugen in breiter Masse verhindert." Für den lokalen Güterverkehr, öffentlichen Nahverkehr oder Einsatz in Kommunalbetrieben könne man das mit zentralen Tankstellen vielleicht lösen. "Für klassische Pkw-Anwendungen dagegen halte ich die Brennstoffzelle für ungeeignet", urteilt Müller.

(dpa)
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