Puyol verlässt Barcelona am Saisonende Der "Schutzengel" geht

Düsseldorf · 19 Jahre lang spielte Carles Puyol für den FC Barcelona, in den vergangenen 15 Jahren als Profi in der ersten Mannschaft. Im kommenden Sommer wird der Abwehrspieler die Katalanen verlassen. Damit geht die Ära eines großen Kapitäns zu Ende.

Carles Puyol — eine Ära geht beim FC Barcelona zu Ende
Foto: dpa, aa hm ss

Es gibt eine Geschichte in Puyols Karriere, die seinen ganzen Charakter widerspiegelt. Nach dem 3:1-Erfolg im Finale der Champions League 2011 gegen Manchester United streifte Puyol seine Kapitänsbinde ab und übergab sie Eric Abidal. Der Franzose war gerade von einer Lebertransplantation genesen und durfte nun bei der Siegerehrung den Henkelpokal in die Höhe recken. Puyol verzichtete auf diesen für einen Fußballer unvergesslichen Moment, um seinem Mitspieler und vor allem Mitmenschen einen Traum zu erfüllen. "Das war eine Riesengeste. Ich hatte das Gefühl, als wäre die Zeit stehengeblieben, als wäre ich in diesem bis auf den letzten Platz gefüllten Stadion ganz allein mit mir. Dafür bin ich ihm noch heute dankbar", sagte Abidal nachher.

So, wie Puyol mit Abidal umgegangen ist, ist er immer mit seinen Mitspielern umgegangen, nachdem er 2004/2005 vom damaligen Trainer Frank Rijkaard zum Kapitän ernannt wurde. Diese Entscheidung des niederländischen Coaches sollte Folgen für den ganzen Klub haben, der zu Beginn des neuen Jahrtausends keine Kontinuität an den Tag legte. Die letzte Meisterschaft hatte Barca in der Saison 1998/1999 errungen, es folgten viele Trainer, die jedoch allesamt scheiterten. Mit Rijkaard und seinem neuen Spielführer Puyol wurde alles anders.

21 Titel mit Barca

Gleich in seiner ersten Saison als Kapitän holte Puyol mit den Katalanen den Meistertitel in der Primera Division, es folgten zahlreiche weitere Titel. Das beste Jahr seiner Karriere erlebte Puyol 2009: Meisterschaft, Pokal, Champions League, Klub-Weltmeisterschaft, spanischer Supercup, europäischer Supercup — gleich sechsmal durfte Puyol in diesem Jahr einen Siegerpokal in die Höhe stemmen. Trainer damals: Der heutige Bayern-Coach Pep Guardiola. Insgesamt gewann der Verteidiger, dessen Markenzeichen immer seine lockige Mähne war, 21 Titel mit dem FC Barcelona. Nur Mannschaftskollege Xavi ist mit einem Meistertitel mehr auf dem Konto noch erfolgreicher.

Puyol überzeugte aber nicht nur durch seine Führungsqualitäten auf und neben dem Platz, sondern auch durch seine fußballerische Qualität. Entdeckt wurde der nur 1,78 Meter große Verteidiger in der berühmten Nachwuchsakademie "La Masia". Dort wurde er 1995 im Alter von 17 Jahren aufgenommen. Zwei Jahre später holte der niederländische Trainer Louis van Gaal Puyol zu den Profis, sein Debüt feierte Puyol im Meisterschaftsspiel gegen Real Valladolid — damals noch als Rechtsverteidiger.

Puyol erarbeitete sich mit viel Fleiß einen Stammplatz in der Innenverteidigung und wurde zu einem der besten Abwehrspieler weltweit. Sein Kampfgeist, seine Unermüdlichkeit und seine aggressive Spielweise haben ihn in Spanien den Spitznamen "el tiburon" ("der Hai") eingebracht.

Und der "Hai" hat einst auch der deutschen Nationalmannschaft eine klaffende Wunde zugefügt. Im Halbfinale der WM 2010 in Südafrika köpfte Puyol gegen Deutschland das entscheidende Tor und feierte später durch einen Finalsieg gegen die Niederlande den Titel. Nach dem Gewinn der EM 2008 war es der zweite große Triumph Puyols mit dem Nationalteam.

Immer neue Wehwehchen

In den vergangenen Jahren wurde Puyol immer wieder von Verletzungen geplagt und verpasste wegen einer Operation am Knie die EM 2012. Daher war schon länger über seinen Abschied oder gar sein Karriereende spekuliert worden. Am Dienstag gab Puyol dann auf einer Pressekonferenz bekannt, dass er Barcelona im Sommer verlässt. "Nach den letzten zwei Operationen war es schwieriger als von mir selbst und den Ärzten erwartet, wieder mein Level zu erreichen, das ich benötige, um hier zu bestehen", begründete Puyol seine Entscheidung: "Die, die mich kennen, wissen, dass ich nicht aufgebe. Eine Pause tut mir gut. Ich werde die Zeit nutzen."

Seit dem 2. April 2012 ist Puyol der Verteidiger, der die meisten Einsätze im Trikot des FC Barcelona absolviert hat. Hinzu kommen 100 Länderspiele für Spanien. Eine große Karriere, die nun im Sommer zu Ende geht — zumindest in Barcelona. Ob Puyol noch einmal zu einem neuen Verein wechselt, ließ er offen. Gerüchten zufolge soll allerdings ein Klub aus Katar an der Verpflichtung des Abwehrspielers interessiert sein.

Ob Katar oder Karriereende — der große Kapitän Puyol wird in Barcelona für immer unvergessen bleiben. Seinen Stellenwert unterstrich Abwehrpartner Gerard Pique in seinem Abschiedsbrief auf Facebook: "An deiner Seite fühlte ich mich sicher und wusste: Wenn ich einen Fehler mache, wirst du immer da sein, um ihn auszubügeln. Du warst mein Schutzengel."

(seeg)
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