Für gut eine Millionen Euro HSV kauft Labbadia

Leverkusen (RP). Der Poker um den Wechsel zog sich hin. Doch Trainer Bruno Labbadia verlässt Leverkusen unter viel Getöse ein Jahr vor Ablauf seines Vertrages. Die Hamburger zahlen gut eine Millionen Euro für den Trainer, der mit Bayer alle Ziele verpasste.

Bruno Labbadia: Torjäger, Trainer und "Hochsterilisierer"
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Das ist Bruno Labbadia

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Foto: dpa, exa

Bruno Labbadia macht sich gern rar, am Handy zumindest. Nur bei bestimmten Nummern auf dem Display hebt der 43 Jahre alte Fußball-Lehrer ab und meldet sich mit einem freundlichen Hallo. Aber das ist auch nur die Ausnahme. Gestern war's die Regel: Tuut-tuut. Kein Anschluss, Labbadia wollte nicht reden. Da befand er sich schon auf dem Weg nach Hamburg zu seinem künftigen Arbeitgeber, dem Hamburger SV, der nach Martin Jols geschwindem Abgang zu Ajax Amsterdam einen neuen Coach benötigt . Labbadia wird dort mit einem Dreijahresvertrag ausgestattet.

Bis zur offiziellen Bekanntgabe des Wechsels am Abend zierten sich die HSV-Oberen noch aus formalen Gründen, sie baten am Nachmittag deshalb auch nicht zu einer Pressekonferenz, sondern zu einer eher lockeren Zusammenkunft der Medien mit dem Ziel, den Kandidaten Labbadia mit all seinen Vorzügen ins Licht zu rücken.

In Leverkusen war da intern schon längst entschieden, dass es für den Coach beim Tabellenneunten kein Morgen mehr geben würde. Aufs Pokern lief die Zurückhaltung in der Kommentierung der Personalie hinaus, denn Bayers Führung wollte vom HSV eine Ablöse für den bis dahin weder beurlaubten noch gekündigten Coach. Labbadia besaß bis zur Auflösung einen Vertrag bis 2010.

Gut eine Millionen Euro an Entschädigung erhalten die Leverkusener nun von den Hanseaten. Bayer hatte den gebürtigen Hessen für dessen ersten Job in der Bundesliga vor knapp einem Jahr auch bei Greuther Fürth auslösen müssen. Bayers Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser machte sich derweil Gedanken über das, was er "Job-Hopping" bei den Trainern nennt. "Das ist ethisch nicht in Ordnung und muss aufhören", betonte er.

Seit mindestens einer Woche wurde das Thema Labbadia bei Bayer heiß diskutiert, ehe in einem Gespräch auf höchster Ebene eine Strategie besprochen und vom Aufsichtsgremium der "Bayer Fußball GmbH" abgesegnet worden ist: Werner Wenning, der Boss der Bayer AG, ein ausgewiesener Fußball-Fachmann, hat demnach Holzhäuser und Sportdirektor Rudi Völler Handlungsfreiheit gegeben.

Noch am Tag des Pokalfinales hatte sich Wenning absolut nicht amüsiert gezeigt von einer Lösung, die als Branchen-Mechanismus geläufig ist. Es könne nicht sein, dass ein als hart geltender Übungsleiter stets das Opfer von Profis sein solle, die "den Trainer nicht mögen". Zu dem Zeitpunkt offenbarte der Konzernherr Sympathien für Labbadias Forderung, das spielende Personal bei Bayer müsse "heraus aus der Komfortzone". Dieser Trainer sei geholt worden, um "die Lethargie zu bekämpfen".

Völler freilich, der sich trotz desaströsen Leistungsabfalls der Mannschaft in der Rückrunde bis zuletzt für den vornehmlich von ihm verpflichteten Labbadia verwendet hatte, schien spätestens zu diesem Zeitpunkt von dem zunehmend umstrittenen Fußball-Lehrer abgerückt zu sein.

Grund: Mit der Veröffentlichung von Interna ("mit Manager Reschke hat es von Anfang an keine Arbeitsgrundlage gegeben") hat der Hesse gegen die Unternehmens-Etikette verstoßen, nach der Kritik nur in den eigenen Wänden vorzubringen ist. Reschke aber, der seine Abneigung gegen den Trainer unverhohlen nach außen getragen hat, wird nach Informationen unserer Zeitung künftig nicht mehr in gleicher Funktion tätig sein.

Bei der intensiv geführten Analyse des abenteuerlichen sportlichen Abschwungs zwischen Holzhäuser, Völler und Labbadia gleich nach dem 0:1 in Berlin gegen Bremen soll sogar über eine Ausweitung der Befugnisse des leitenden Angestellten für den Spielbetrieb gesprochen worden sein.

Mittlerweile hat die Leverkusener Führungsriege den Verdacht, dass Labbadia ("Es tut mir weh, dass mein Verhältnis zur Mannschaft als zerrüttet dargestellt worden ist") zum Zeitpunkt diverser Verhandlungsrunden schon beim HSV im Wort gestanden hat.

(RP)
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