Der etwas andere Trainer des SC Freiburg Christian Streich — Exot im Glamourgeschäft

Freiburg · Seit Christian Streich auf dem Trainerstuhl des Fußball-Bundesligisten SC Freiburg Platz genommen hat, geht es für die Breisgauer nur noch bergauf. Der kauzige 47-Jährige hat bereits Kult-Status erreicht.

 Ein echter Kult-Trainer: Christian Streich.

Ein echter Kult-Trainer: Christian Streich.

Foto: dpa, Carmen Jaspersen

Christian Streich ist mittlerweile so berühmt, dass es auf Videoplattformen im Internet ein "Best of" der herrlich schrägen Interviews mit dem eigenwilligen Erfolgstrainer des SC Freiburg zu sehen gibt. Ein Höhepunkt ist dabei die Antwort Streichs auf die Frage, warum er anders als andere Trainer sei. "Sicher bin ich anders als andere. Aber jeder andere ist ja auch wieder anders. Es gibt über sieben Milliarden, die alle anders sind als die anderen", so charakterisiert der 47-Jährige sich und die Weltbevölkerung in einem Atemzug, ohne mit der Wimper zu zucken.

Unikat der Liga

Streich, dem der lokale Sender TV Südbaden und die Badische Zeitung sogar eigens die Rubrik "Streich der Woche" widmen, ist in der Tat völlig anders als alle anderen im Fußballgeschäft. Der Metzger-Sohn ist ein Unikat in der Liga, ein echter Kult-Trainer. Das Wichtigste ist aber: Der Exot im Glamourgeschäft, der nach der Ausbildung zum Industriekaufmann sein Abitur nachholte und danach Germanistik, Sport sowie Geschichte auf Lehramt studierte, hat großen Erfolg. Unter der Regie des kauzigen Südbadeners, der seinen Dialekt nicht verleugnen kann, haben die Freiburger 2012 das erfolgreichste Jahr der Klubgeschichte gespielt.

53 Punkte holte der SC im vergangenen Jahr, zuvor hielt Trainer-Ikone Volker Finke mit 49 Zählern den Rekord. Dazu führte Streich, der am 29. Dezember 2011 vom Co- zum Cheftrainer befördert worden war, den Verein zum ersten Mal seit acht Jahren wieder ins Viertelfinale des DFB-Pokals. Auch nach der Winterpause lieferte der Coach, der die Mannschaft auf dem letzten Tabellenplatz übernommen hatte, erstklassige Arbeit ab. Und so stehen die Breisgauer trotz ihres Mini-Etats von 16,1 Millionen Euro vor ihrer ersten Europacup-Teilnahme seit zwölf Jahren.

Doch trotz dieser beeindruckenden Bilanz, den Lobeshymen der Medien und der Anerkennung durch Kollegen wie Jupp Heynckes ("Der beste Mann in Freiburg sitzt auf der Bank") hält der bescheidene Streich nichts vom immer größer werdenden Rummel um seine Person. Der unkonventionelle Coach ("Ich besitze aber auch ein iPhone und ein Laptop") ist weit davon entfernt, sich selbst über seine Kollegen zu stellen.

"Wahnsinnig anstrengend"

"Für Trainer gilt das Gleiche wie für die Spieler. Wir müssen schauen, wie wir mit dem Lob umgehen und dass es nicht zu süß schmeckt. Alle Trainer, die arbeiten und fleißig sind, sind tolle Trainer", sagt Streich: "Um den Fußball gibt es so einen Hype, es stürzt medial so viel auf die Trainer ein. Es ist wahnsinnig toll, Trainer zu sein - es ist aber auch wahnsinnig anstrengend."

Trotz dieser Nebenerscheinung will sich Streich, der als Spieler für den SC, den Freiburger FC, die Stuttgarter Kickers und den FC Homburg auflief, weiter treu bleiben. Der Coach möchte weiter mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren und mit seiner Familie zu Ausflügen über die Grenze nach Frankreich oder in die Schweiz aufbrechen. "Ich habe nicht vor, mich zu verstecken, nur weil ich einen Beruf habe, bei dem zufälligerweise oft Kameras dabei sind", erklärt Streich, der nach Niederlagen "schon mal zwei oder drei Nächte nicht gut schlafen kann".

Zuletzt hatte der baden-württembergische Trainer des Jahres 2012, der konsequent auf junge Spieler aus dem eigenen Verein setzt, kaum Grund für unruhige Nächte. Dennoch ändert der Erfolg nichts an der Maxime Streichs, der mit den A-Junioren des SC dreimal den DFB-Pokal (2006, 2009, 2011) und einmal die deutsche Meisterschaft (2008) gewonnen hat: "Jedes Jahr, in dem wir mit unseren Möglichkeiten in der Liga bleiben, ist für uns ein Geschenk."

Ein Geschenk könnte ein Trainer wie Streich auch für andere Vereine sein. Streich fühlt sich in Freiburg zwar sehr wohl, an den Breisgau gebunden sieht sich der Coach aber nicht. "Es geht nur darum, dass es ein gewisses Umfeld gibt, das einem guttut. Aber das gibt es nicht nur an einem Ort", sagt Streich: Grundsätzlich bin ich aber froh, dass wir hier in Freiburg relativ unaufgeregt arbeiten können."

(sid/sgo/seeg)
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