Dressur-EM in Rotterdam Abgestürzt und entzaubert - Totilas nur Fünfter

Rotterdam (RPO). Nach dem erneuten Fiasko klopfte Matthias Rath mechanisch den Hals seines Millionenpferdes, schüttelte den Kopf und ritt mit ernster Miene aus der Arena. Für den 27-Jährigen Kronberger und seinen Hengst Totilas wurde die Dressur-EM in Rotterdam zu einer einzigen Pleite. Nach Platz vier im Special kam das Paar in der Kür nur auf Rang fünf - das einstige Goldpferd war endgültig auf Normalmaß gestutzt und der Totilas-Totalschaden perfekt. Europameisterin wurde wie schon im Special die Niederländerin Adeline Cornelissen mit Parzival. Isabell Werth wurde mit El Santo nur Siebte.

CHIO 2011: Rath und Totilas begeistern
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"Ich hatte zwar heute auch einige Fehler drin, aber es war besser als im Special. Insgesamt hat es leider nicht gereicht. Wir brauchen noch eine bessere Abstimmung", sagte Matthias Rath ernüchtert.

Vor 5000 Zuschauern und unter den Augen der niederländischen Königin Beatrix konnte sich Rath zum Schluss noch einmal steigern und zeigte eine Kür ohne große Patzer. Allerdings gab es erneut Unsicherheiten in den Übergängen und in den Einerwechseln. Am Ende blieb der Traum von der ersten Medaille bei einem Championat unerfüllt. Hinter Cornelissen, die starke 88,768 Prozentpunkte holte, belegten der Brite Carl Hester mit Uthopia (84,179) und der Schwede Patrik Kittel mit Scandic (83,429) die Plätze zwei und drei.

Die Bilanz von Rotterdam fiel für Rath und Totilas verheerend aus. Im Teamwettbewerb konnte sich das Paar noch halbwegs aus der Affäre ziehen. In Special und Kür folgten jedoch Abstürze. Die Weltspitze sah zu, wie Rath vor allem im Special den Ausnahmehengst nicht in den Griff bekam. Eine Blamage. In der Kür unterbot das Paar mit 81,696 Punkten die kühnsten Pessimisten. Raths Vorgänger Edward Gal hatte bei der WM im September die Kür auf Totilas mit 91,800 Punkten gewonnen.

Das Rath-Lager tat so, als sei alles nicht so schlimm. Durch die Siege beim CHIO im Juli habe man ja die Saisonziele schon erreicht. Doch das wollte so recht keiner glauben. Die Suche nach einem Namenssponsor dürfte nun noch schwieriger werden. Psychologisch war die Klatsche im wichtigsten Turnier des Jahres ebenfalls eine Katastrophe. Erst ab Mai bietet sich die Chance, die Schlappe im Freien wieder auszubaden.

Wahrscheinlich wäre der Absturz für Rath nicht so schmerzhaft gewesen, wenn sein Management nicht von Beginn an die große PR-Maschine angeschmissen und bei jeder Gelegenheit das Image vom Wunderpferd gefördert hätte. Da wurden Tassen und Schals mit dem Konterfei bedruckt, Rath ließ sich im edlen Ritterkostüm werbewirksam für ein Hochglanz-Magazin ablichten. Dass irgendwann der sportliche Rückschlag kommen könnte und die Kampgane wie ein Kartenhaus zusammenfallen würde - daran hat wohl keiner gedacht.

Auch für den deutschen Verband war die EM ein Rückschlag. Mit nur einer Medaille knüpfte man an die Misere der letzten beiden Titelkämpfe 2007 und 2009 an. Der Neustart ist missglückt. Die fünfmalige Olympiasiegerin Isabell Werth (80,653) zeigte mit ihrem Nachwuchspferd El Santo in der Kür zwar eine verbesserte Vorstellung, konnte aber nicht in die Medaillenränge vorstoßen. Bei den Wechseln und Piaffen gab es jedoch wieder Probleme. Zur Musik von Pop-Ikone David Bowie hinterließ die 42-Jährige erstmals in Rotterdam einen guten Gesamteindruck. "Bis auf ein paar Details bin ich zufrieden", sagte Werth.

EM-Debütantin Helen Langehanenberg zeigte wieder eine gute Leistung und lieferte mit 80,446 Punkten ihr bestes Ergebnis auf internationaler Ebene. "Ich bin glücklich, überglücklich. Im Großen und Ganzen lief alles nach Plan", sagte die 29-jährige aus Havixbeck im Münsterland. Die Newcomerin konnte sich mit dem elf Jahre alten Hengst Damon Hill in Rotterdam von Tag zu Tag steigern und empfahl sich für weitere Aufgaben in der Championatsmannschaft.

Zu einem Reinfall wurde die EM für Christoph Koschel. Der Jurist aus Hagen am Teutoburger Wald galt eigentlich als sichere Nummer drei im deutschen Team und war stets eine zuverlässige Größe. "In Rotterdam war mein Pferd an allen Tagen besonders angespannt. Ich kann es mir auch nicht richtig erklären", sagte Koschel, dessen Absturz im Grand Prix die Mannschaft enorm geschwächt hatte. Auch mit Blick auf Olympia im nächsten Jahr dürften sich die Chancen des WM-Dritten auf einen Platz im Kader deutlich verschlechtert haben.

(SID/jaso)
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