Staat kassiert 19,3 Milliarden Euro mehr Steuern SPD-Fraktionsvize Bartol drängt auf höhere Verkehrsinvestitionen

Berlin · Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gab sich am Donnerstag redlich Mühe, die neue Steuerschätzung unmissverständlich zu interpretieren: Weil die Steuereinnahmen bis 2018 nur mäßig steigen werden und der Bund 2014 gar mit Mindereinnahmen zu rechnen hat, wird es zunächst keine Geschenke an die Bürger geben.

Aus. Ende. Das war die Botschaft, die auch der Koalitionspartner SPD mit seinen Forderungen nach einer Entlastung der Wähler endlich verstehen sollte. Tatsächlich dürfen sich Bund, Länder und Kommunen nach den aktuellen Berechnungen des "Arbeitskreises Steuerschätzung" bis 2018 über ein rund 100 Milliarden höheres Steueraufkommen freuen. 2014 werden Bürger und Unternehmen dem Fiskus etwa 639 Milliarden Euro überweisen, im Jahr 2018 voraussichtlich schon 738 Milliarden Euro – das sind 19,3 Milliarden Euro mehr als noch im November von den Experten errechnet.

Beim Bund reicht das aber noch nicht einmal aus, um die von Union und SPD vereinbarte Finanzplanung abzudecken. "Die Steuerschätzung eröffnet uns keine neuen finanziellen Spielräume", betonte Schäuble umgehend. Priorität habe, dass der Bund ab 2015 ohne neue Schulden auskomme.

Weil aber bisher auch Schäubles Beamte von noch höheren Einnahmen ausgegangen waren, hatte die Debatte über einen Abbau der sogenannten "kalten Progression" an Fahrt gewonnen. Dabei geht es darum, dass Arbeitnehmer auch nach einem reinen Inflationsausgleich auf dem Lohnzettel eine höhere Steuerlast tragen müssen. Dem Staat spült dies alleine rund drei Milliarden Euro mehr pro Jahr in die Kasse. Während sich etwa Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) in dieser Woche noch für eine Entlastung der Bürger auch ohne Gegenfinanzierung starkgemacht hatte, erteilten sowohl Schäuble als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der Debatte wiederholt eine Absage.

Und auch NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sieht derzeit keinen Spielraum, um die "kalte Progression" abzubauen. Das Plus sei "nicht so hoch", um gleichzeitig Schulden abzubauen und Steuern zu senken, sagte er.

Denn die Steuerexperten errechneten nun, dass Bund, Länder, Gemeinden und EU dieses Jahr insgesamt rund 400 Millionen Euro weniger einnehmen werden als im November vorhergesagt. Dabei schlägt das Minus des Bundes mit 800 Millionen Euro zu Buche. Die Bundesländer dürften dagegen mehr bekommen, die Gemeinden 600 Millionen Euro weniger.

Für Sören Bartol, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender und Verkehrsexperte, gehört der Straßenbau dennoch auf die Agenda: "Wir leben bei unseren Straßen und Schienenwegen von der Substanz, daher müssen wir neben der Schuldentilgung mit den wachsenden Steuereinnahmen mehr in unsere bröckelnden Verkehrswege investieren", sagte er unserer Redaktion. "Wir dürfen die Steuermehreinnahmen nicht nur konsumieren, sondern müssen mehr investieren."

(dreb)
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