Plagiatsaffäre Die Stimmung kippt gegen Guttenberg

Berlin (RPO). Seit dem Wochenende dreht der Wind. Konnte der wegen der Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit abgetretene Karl Theodor zu Guttenberg bislang noch auf eine zahlreiche Anhänger in der Öffentlichkeit verweisen, wenden sich nun mehr und mehr von ihm ab. Angela Merkel ging am Montag auf Distanz. Ein Großteil unserer Leser reagiert entsetzt.

Entsetzen über Guttenberg
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Foto: dapd

Seitdem bekannt wurde, dass Guttenberg versucht, auf rechtlichem Wege die Veröffentlichung des Prüfungsberichts der Universität Bayreuth zu unterdrücken, ist er wieder in aller Munde. Während seiner Amtszeit war er der mit Abstand beliebteste Politiker in Deutschland. Aus den Umfragen ist er mittlerweile komplett herausgefallen, weil er sich von allen Ämtern zurückgezogen hat. Würde er in den Rankings noch berücksichtigt, müsste Karl-Theodor zu Guttenberg wohl einen steilen Absturz in den Sympathiewerten hinnehmen.

Das zumindest legt ein Blick in die Lesermeinungen bei RP ONLINE nahe. Schon immer hat der CSU-Politiker polarisiert. Die einen sahen ihn ihm einen Blender, die anderen den Hoffnungsträger für eine neue, ehrliche Politikergeneration. Entsprechend heiß verliefen in der Regel die Diskussionen, als Guttenberg noch im Amt war. Anlässe lieferte der Minister immer wieder aufs Neue. Der Auftritt am Times Square, das Hin und Her in der Kunduz-Affäre oder die mediengerecht aufbereitete Reise nach Afghanistan mit Ehefrau Stefanie und Talkshowmaster Johannes B. Kerner lieferten schon vor der näheren Anayse seiner Doktorarbeit Diskussionsstoff.

"Peinlich" und "beschämend"

Mittlerweile ist es in den Kommentarspalten zum Thema Guttenberg etwas eintöniger geworden. Kaum noch jemand findet sich, der ihn öffentlich unterstützen mag, trotz des großen Erfolgs von spontanen Unterstützungsaktionen auf Facebook unmittelbar nach dem Rücktritt. Wer nun versucht, ein Stimmungsbild in der Leserschaft einzufangen, stößt dort überwiegend auf Abscheu und Empörung. "Guttenberg hat der Politik in Deutschland mehr geschadet, als je ein Politiker zuvor", urteilt ein User gnadenlos. "Peinlich" und "beschämend", lauten die Begriffe, die immer wieder auftauchen.

Ob dabei nur noch die Guttenberg-Hasser von einst auf den Baron schimpfen oder auch frühere Fans, die sich verraten und verkauft sehen, ist dabei nicht auszumachen. Sicher ist nur: Die Stimmung ist vollends gekippt.

Stimmungswandel auch in der Politik

Auch in der Politik zeichnet sich dieser Wandel ab. Am Montag ging Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Distanz. Sie drängt auf Aufklärung. Guttenberg habe volle Unterstützung zugesagt, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. "Die Bundeskanzlerin erwartet, dass das gilt." Merkel gehe davon aus, dass "Aufklärung stattfindet" - in welcher Form, das sei Sache der Universität Bayreuth.

Merkel hatte unmittelbar nach dem Rücktritt Guttenbergs noch anderes signalisiert. Wie etliche andere in der Union hatte sie noch am Tag des Rücktritts den roten Teppich für den Ex-Minister ausgerollt. Nicht mit glasklaren Hoffnungsbekundungen, wohl aber Andeutungen, die wenig Spielraum lassen: "Ich bin überzeugt, dass er die nötige Kraft haben wird, weiter die Dinge zu klären, die im Zusammenhang mit seiner Dissertation zu klären sind. Und gerade deshalb bin ich auch überzeugt, dass wir - in welcher Form auch immer - in Zukunft Gelegenheit zur Zusammenarbeit haben werden", sagte Merkel — und ließ somit mehr als einen Türspalt für ein Comeback offen.

Wer redet jetzt noch vom Comeback?

Das ist inzwischen in weite Ferne gerückt. Fällt das Ergebnis aus dem Prüfbericht der Universität tatsächlich so eindeutig aus, wie nun lanciert wurde, ist Guttenbergs irreparabel beschädigt. Dass er den Bericht unter der Decke halten kann, ist mehr als unwahrscheinlich. Die Universität betonte zuletzt noch, sie habe großes Interesse an der Veröffentlichung. Ob man dies im Notfall auch gegen den Einspruch zu Guttenbergs tun werde, sagte Sprecher Frank Schmälzle nicht.

Man mache einen Schritt nach dem anderen, betonte er. "Wir prüfen derzeit, welche rechtlichen Möglichkeiten sich aus der Situation ergeben." Man habe Guttenbergs Anwälten geantwortet und sie aufgefordert, bis zum 26. April zu erklären, ob ihr Mandant der Veröffentlichung zustimme. Schmälzle betonte, die Universität baue darauf, dass sich Guttenberg an sein Wort halte und bei der Aufklärung mitwirke.

Auch der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Matthias Kleiner, forderte die Offenlegung der Ergebnisse. "Das Thema hat eine solche öffentliche Aufmerksamkeit erfahren, dass ich davon ausgehe, dass die Ergebnisse der Kommission der Universität Bayreuth auch veröffentlicht werden", sagte Kleiner unserer Redaktion.

Staatsanwalt: Ermittlungen dauern noch Wochen an

Die juristische Aufarbeitung der Plagiatsaffäre wird noch etliche Wochen in Anspruch nehmen. Frühestens im Sommer oder Anfang Herbst sei mit einer Zwischenbilanz der wegen des Vorwurfs der Urheberrechtsverletzung eingeleiteten Ermittlungen gegen Guttenberg zu rechnen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Hof am Montag. Ein genaues Ende der Ermittlungen lasse sich seriös nicht voraussagen.

Der Sprecher wies dabei einen Bericht des "Spiegel" zurück, wonach die Justiz Präzedenzfälle suche, bei denen Ermittlungen wegen Urheberrechtsverletzungen wegen eines mangelnden öffentlichen Interesses eingestellt wurden. Da ein Urheberrechtsverstoß immer abhängig vom einzelnen Fall sei und es ausschließlich individuelle Sachverhalte gebe, könne es gar keine Präzedenzfälle geben, sagte der Sprecher.

Der Ablauf der Ermittler sei, zunächst den Sachverhalt zu prüfen, dann eine mögliche Strafbarkeit zu prüfen und erst danach festzustellen, ob ein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung vorliege. Derzeit sei die Behörde noch immer mit dem ersten Schritt, der Prüfung des Sachverhalts, beschäftigt. So werde die umstrittene juristische Dissertation Guttenbergs, in der dieser etliche Fremdtexte zitiert haben soll, ohne dies kenntlich zu machen, von den Ermittlern genauestens untersucht und auf nicht erwähnte Quellen überprüft.

mit Agenturamaterial

(apd/AFP)
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