Zentrale in Genf schlägt Alarm Unicef-Skandal: Regierung greift ein

Frankfurt/Main (RPO). Die Bundesregierung hat das deutsche Unicef-Komitee angemahnt, die Verschwendungsvorwürfe von Spendengeldern zügig zu klären. Aufgrund des Skandals haben sich bereits 5000 von 200.000 Fördermitgliedern von Unicef abgewandt.

 Nach der Krise beim Kinderhilfswerk Unicef geht jetzt die Spendenbereitschaft zurück.

Nach der Krise beim Kinderhilfswerk Unicef geht jetzt die Spendenbereitschaft zurück.

Foto: ddp, ddp

Alle Beteiligten seien aufgefordert, die Vorwürfe so schnell wie möglich aufzuklären, damit die wichtige Arbeit von Unicef fortgesetzt werden könne, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am Dienstag in Berlin. Für die Projekte sei es wichtig, dass der Ruf der Organisation unbeschädigt sei.

Das Auswärtige Amt setzt dabei auch auf den Übergangsvorsitzenden von Unicef, Reinhard Schlagintweit. Eine Ministeriumssprecherin sagte, Schlagintweit sei ein Mensch mit großer Erfahrung, die er hier einbringen könne. Nach dem Rücktritt von Heide Simonis hatte Schlagintweit am vergangenen Wochenende übergangsweise den Vorsitz von Unicef Deutschland übernommen.

Unterdessen räumte Unicef-Geschäftsführer Dietrich Garliches Fehler im Zusammenhang mit der angeblichen Misswirtschaft mit Spendengeldern eingeräumt. Einen Rücktritt schloss er jedoch aus. Aufgrund des Skandals haben sich bereits 5000 von 200.000 Fördermitgliedern von Unicef abgewandt.

"Ich bin mit voller Kraft dabei, zusammen mit dem neuen Vorsitzenden und vielen anderen, die sich engagieren, Unicef aus dieser Krise heraus zu führen", sagte Garlichs am Dienstag im Westdeutschen Rundfunk.

Unicef in der Krise

In der Affäre habe die Führung des Kinderhilfswerks "sehr schlecht gehandelt. Eine Organisation, die nicht mit einer Stimme spricht, kann nicht gut durch eine Krise gehen." Zugleich kündigte er Konsequenzen aus den Vorwürfen an. "Wir müssen zeigen, dass wir die Kritik ernst nehmen. Wir müssen die Transparenz deutlich machen", sagte er WDR.de. "Wir unterstützen natürlich die Forderungen danach. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG macht dafür jetzt Vorschläge, und wir werden mit der KPMG gemeinsam diese Vorschläge durchsetzen."

Die Krise bei Unicef Deutschland hatte zuvor die Genfer Zentrale des Kinderhilfswerks auf den Plan gerufen. "Wir sind besorgt wegen des Imageschadens für Unicef", sagte eine Sprecherin der UN-Organisation. Der Übergangsvorsitzende Reinhard Schlagintweit kündigte angesichts immer lauter werdender Kritik organisatorische Veränderungen an. 5.000 Dauerspender wandten sich bereits von Unicef ab. Eine Arbeitsgruppe löste sich auf, zudem mehren sich Forderungen nach einem Rücktritt von Geschäftsführer Dietrich Garlichs.

Schlagintweit sagte der "Financial Times Deutschland" (FTD), es werde strukturelle Veränderungen in der Geschäftsstelle und bei der Vorstandsarbeit geben. Unicef stecke in einer "Modernisierungskrise". Der Vorstand will sich in der kommenden Woche mit der Nachfolge der im Streit zurückgetretenen Vorsitzenden Heide Simonis beschäftigten.

Rufe nach außerordentlicher Mitgliederversammlung

Ein Mitglied des Unicef-Komitees, Edith von Welser-Ude, forderte laut "Frankfurter Rundschau" vom Vorstand ultimativ die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. Der Vorstand dürfe mit seiner "Wagenburgmentalität und Beschwichtigungsstrategie" nicht weitermachen. "Die Transparenz, die Kontrolle muss wieder hergestellt werden", sagte die Frau des Münchner Oberbürgermeisters am Dienstag im Bayerischen Rundfunk. Anschließend stelle sich die Frage nach personellen Konsequenzen. Der Geschäftsführer "durfte offensichtlich schalten und walten wie er wollte", sagte Welser-Ude. Ihre Kritik richte sich gegen den Vorstand, nicht in erster Linie gegen Garlichs.

Auch die Vertreterin der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag bei Unicef, Anke Eymer, forderte im "Tagespiegel" mehr Transparenz und strukturelle Veränderungen in der Zusammenarbeit von Vorstand und Komitee. Seit Beginn der Krise Anfang Dezember habe Unicef rund 5.000 seiner insgesamt 200.000 Dauerspender verloren, sagte Unicef unserer Redaktion.

(ap)
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