Kirchliche Einrichtungen Forschungsprojekt zum Missbrauch gestartet

Hildesheim/Köln (RPO). Das Forschungsprojekt zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen im kirchlichen Bereich hat begonnen. Innerhalb von vier Wochen soll nun eine Anleitung entstehen, anhand derer verlässliche Zahlen über Missbrauch durch katholische Geistliche ermittelt werden können.

Wie entdeckt man, ob ein Kind missbraucht wird?
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Foto: AP

Der Leiter des Kriminologischen Institutes Niedersachsen (KFN), Christian Pfeiffer, startete am Dienstag im Hildesheimer Bistumsarchiv die Pilotphase. Dabei wird ein Schema zur Aktenanalyse entwickelt, das bundesweit angewendet werden soll. Pfeiffer verteidigte das Vorhaben am Dienstag auch gegen Vorwürfe von Priestern, dabei gerate der Datenschutz in Gefahr.

Im Rahmen der von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebenen Forschungsarbeit werden ab Mitte November in allen 27 deutschen Bistümern die Personalakten der Geistlichen nach Hinweisen auf sexuellen Missbrauch durchsucht.

In 18 Diözesen geschieht dies in einer Querschnittsanalyse der Jahre von 2000 bis 2010, in neun weiteren wie dem Bistum Hildesheim von 1945 bis 2010. Insgesamt geht es laut Pfeiffer um mehr als 100.000 Aktensätze. Die Bischöfe wollen mit dem Projekt die Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs vervollständigen und vor allem die Prävention weiter verbessern.

Innerhalb von vier Wochen soll im Hildesheimer Bistumsarchiv nun eine Anleitung entstehen, anhand derer verlässliche Zahlen über Missbrauch durch katholische Geistliche ermittelt werden können. Das Konzept muss zuvor von Vertretern des KFN und der Diözesen genehmigt werden.

Im Kölner "domradio" wies Pfeiffer Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes zurück. Die Personalakten der Priester würden von den Wissenschaftlern seines Instituts überhaupt nicht selbst in Augenschein genommen, erläuterte er. Das erledigten Mitarbeiter der Bistümer, "die ohnehin ständig mit diesen Akten beschäftigt sind und dienstlich damit zu tun haben". Sie sollten lediglich die "Täterakten" herausfiltern. "Und nur diese bekommen die von uns damit beauftragten ehemaligen Richter und Staatsanwälte, die dann diese Akten durchsehen."

Das konservative "Netzwerk katholischer Priester" hatte den deutschen Bischöfen in einer am Sonntag veröffentlichten Erklärung einen "unerlaubten Eingriff in die Persönlichkeitsrechte" vorgeworfen und dabei insbesondere die Einschaltung externer Juristen kritisiert. Die geplanten Maßnahmen setzten die Mehrheit der Priester, Diakone und Ordensleute "einem öffentlichen Generalverdacht" aus. Die Deutsche Bischofskonferenz wies diese Vorwürfe als "unbegründet" zurück.

Bei den sogenannten "Täterakten" handele es sich um die Unterlagen, die größtenteils der Strafjustiz bereits vorgelegen hätten, so Pfeiffer. Die Untersuchung solle Merkmale und etwaige Besonderheiten aufzeigen, die ausschlaggebend für die Missbrauchstaten gewesen sein könnten. Die mit der Durchsicht beauftragten Juristen müssten eine Erklärung zur Schweigepflicht gegenüber Dritten unterschreiben. Einen Bruch des Versprechens schloss Pfeiffer "hundertprozentig" aus: "Das sind Profis, die ihr Leben lang beruflich mit vertraulichen Informationen zu Menschen umgegangen sind."

(KNA)
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