Fährunglück in Südkorea Weiteres "Sewol"-Crewmitglied festgenommen

Seoul · Im Zuge der Ermittlungen zum Untergang der südkoreanischen Fähre "Sewol" ist ein weiteres Besatzungsmitglied festgenommen worden. Dabei handele es sich um einen Offizier, der am Montag einen Selbstmordversuch überlebt habe, berichtete am Dienstag die nationale Nachrichtenagentur Yonhap.

 Der "Sewol"-Kapitän sitzt schon seit Samstag in Untersuchungshaft. Nun wurde ein weiteres Crew-Mitglied festgenommen.

Der "Sewol"-Kapitän sitzt schon seit Samstag in Untersuchungshaft. Nun wurde ein weiteres Crew-Mitglied festgenommen.

Foto: ap

Mit dem nun festgenommenen Offizier erhöht sich die Zahl der festgenommen Crewmitglieder auf acht. Der Kapitän sitzt seit Samstag in U-Haft. Den leitenden Crewmitgliedern der am Mittwoch vor der Südwestküste Südkoreas gesunkenen Fähre wird vorgeworfen, das havarierte Schiff mit den Passagieren im Stich gelassen zu haben.

Die Fähre "Sewol" war mit ursprünglich 476 Menschen an Bord nahe der Stadt Mokpo am Mittwoch gekentert und gesunken. An Bord befanden sich rund 250 Schüler, die auf dem Weg zu einem Ausflug zur Ferieninsel Jeju waren. Seitdem Taucher am Wochenende mehrere Zugangswege zum Schiff fanden, ist die Zahl der bestätigten Todesopfer sprunghaft angestiegen.

Die Wut und Verzweiflung der Angehörigen richtet sich vor allem gegen den Kapitän der "Sewol". Nachdem das Schiff in Schieflage geriet, wartete der der Kapitän eine halbe Stunde, bis er die Evakuierung anordnete. Bis dahin hatte sich die "Sewol" so stark zur Seite geneigt, dass es für viele Menschen im Inneren der Fähre kein Entrinnen mehr gab.

Präsidentin Park Geun Hye warf dem Kapitän und Teilen seiner Crew mörderisches Fehlverhalten vor. Sie hätten das Schiff nicht evakuiert, seien selbst aber als erste entkommen.

Der Kapitän begründete sein Zaudern mit dem kalten Wetter und starker Strömung, die Passagiere vor ihrer Rettung fortgetrieben hätte. Doch Schifffahrtsexperten hielten dagegen, dass er die Fahrgäste auch ans Deck hätte beordern können, wo sie eine größere Überlebenschance gehabt hätten.

Fähre machte keine scharfe Wende

Die vor Südkorea havarierte Fähre hat laut einem Beamten vor ihrem Kentern doch keine scharfe Wende vollführt. Daten aus dem automatischen Identifikationssystem der "Sewol" zeigten, dass sie vielmehr allmählich den Kurs änderte, sagte ein Vertreter des Ministeriums für Ozeane und Fischerei am Dienstag. Demnach machte die Fähre eine J-förmige Wende, bevor sie sich zur Seite neigte und unterging. Weitere Details nannte er zunächst nicht.

Nach der Fährkatastrophe stieg die Zahl der Todesopfer auf 120. Fast 200 Menschen würden noch vermisst, teilten die Behörden mit. Mitarbeiter der Küstenwache trugen eine geborgene Leiche nach der anderen von einem Boot zu einem am Dock aufgeschlagenen Zelt auf der Insel Jindo, Dutzende Beamte sperrten die Gegend weiträumig ab.

Polizisten und Ärzte suchten die Toten nach Hinweisen auf deren Identität ab. Fanden sie nichts, notierten sie körperliche Merkmale wie Größe und Haarlänge oder Kleidungsstücke der Opfer, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte. Die Leichen wurden dann per Krankenwagen zu zwei Zelten gefahren: Eines für Männer und Jungen, das andere für Frauen und Mädchen.

Die Angehörigen warteten draußen und ließen sich von einem Beamten einweisen, reihten sich auf und gingen dann hinein. Erst herrschte Stille, dann war schmerzgeplagtes Weinen und Schluchzen zu hören. Viele der Betroffenen hatten fast eine Woche lang keine Klarheit über das Schicksal ihrer vermissten Verwandten gehabt.

(dpa/AP)
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