Inzestfall in Österreich Kinder können kaum sprechen und laufen

Amstetten (RPO). Sieben Kinder hat Josef F. mit seiner Tochter gezeugt. Drei von ihnen sahen bei ihrer Befreiung aus dem Kellerverlies zum ersten Mal die Außenwelt. Über den Zustand der "Kellerkinder" hat ein Polizist gesprochen, der die Kinder aus dem Keller holte.

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Foto: AP

Der "Bild"-Zeitung sagte Chefinspektor Leonard Etz, die Geschwister Felix (5) und Stefan (18) hätten fasziniert zum Mond geschaut, den sie zum ersten Mal sahen. Felix habe ihn gefragt, ob dort oben Gott wohne.

Nach Angaben des Polizisten können die Kinder aus dem Keller kaum sprechen. Sie haben offenbar eine eigene Sprache aus Gurr- und Knurrlauten entwickelt. "Wenn die Kinder sich so ausdrücken wollen, dass auch wir sie verstehen, bemühen sie sich um 'richtige' Worte," erzählt Etz der Zeitung, "Das kostet sie allerdings eine immense Kraft." Dr. Berthold Kepplinger, Chef des Landesklinikums, beschrieb die Sprachkompetenz der Kinder als "von einer normalen Ausdrucksweise (...) elendig weit entfernt."

Auch bewegen können sich die Kellerkinder nicht wirklich. Der kleine Felix ist schon fünf Jahre alt, krabbelt aber lieber, als aufrecht zu gehen. Im nur 1,70 hohen Keller hatten er, seine Geschwister und die Mutter auch kaum Gelegenheit, sich aufzurichten.

In dem Krankenhaus, in dem sich die Kinder inzwischen abgeschirmt von der Öffentlichkeit mit ihrer Mutter aufhalten, werden sie von Ergotherapeuten und Logopäden betreut. Sie müssen Laufen und Sprechen lernen.

Auch das Leben außerhalb des Kellers macht den Kindern noch Angst. Etz berichtet, dass der kleine Felix sich auf der Fahrt zum Krankenhaus vor den Scheinwerfern entgegenkommender Autos geduckt habe. Noch mehr erschreckte ihn die Fahrt im Aufzug: "Als wir im Krankenhaus vor dem Eingang zum Fahrstuhl standen, klammerte sich Felix in Panik an seine Mutter, als sich die Tür öffnete."

Bis zu ihrer Befreiung hatten die Kinder außer zu ihrer ebenfalls eingesperrten Mutter und Josef F. keine anderen Menschen gesehen. Sie spielten nie mit Gleichaltrigen, kannten von draußen nur das, was ihnen der Fernseher zeigte. Trotz Therapie wird es für sie schwer werden, zu anderen Menschen Vertrauen zu fassen, schätzen Experten.

Ihre Schwester aus dem Keller, die 19-jährige Kerstin, liegt weiterhin im künstlichen Koma. Sie leidet an einer From von Epilepsie. Ihre Nieren sind kaputt, das Hirn durch Sauerstoffmangel geschädigt.

Drei weitere Kinder - inzwischen sind sie 11, 14 und 15 Jahre alt - wuchsen mit der "offiziellen" Familie F. auf. Ihr Vater gab an, sie wären vor seiner Tür ausgesetzt worden und adoptierte sie. Sie wuchsen auf, ohne zu wissen, dass nur wenige Meter entfernt von ihnen ihre drei Geschwister lebten - im Kellerverlies. Erst nach der Befreiung der "Kellerkinder" am Samstag sahen sich die Geschwister zum ersten Mal. Auch die "Lichtkinder" müssen ihr neues Wissen verarbeiten: Dass die leibliche Mutter im Keller vom Adoptivvater missbraucht wurde, dass sie noch mehrere Geschwister haben.

Bei der Auswahl, welche Kinder in seiner Wohnung leben sollten und welche er weiter im Keller verstecken wollte, entschied Josef F. offenbar nach dem Gesundheitszustand. Die gesünderen Kinder mussten im Keller bleiben. Schwächere und "Schreikinder" holte F. - wohl aus Angst sonst entdeckt zu werden - zu sich.

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