Schwalmtal Kreis ließ Muskeln spielen

Schwalmtal · Im Pfadfinderlager "Exploris 2007" in Schwalmtal zogen gestern dunkle Wolken auf. Das Kreis-Veterinäramt machte Auflagen, die die Lager-Durchführung in Frage stellten. Der Landrat rettete die Situation mit einem Kompromiss.

Roversprecher Uwe Bergh verschlug es die Sprache. Bei einer Vorabbegehung hatte das Veterinäramt des Kreises die bauliche Ausstattung der 20 Versorgungsstellen im Lager beanstandet. Hier soll ab heute die Ausgabe der warmen Mahlzeiten, erfolgen, die ein ortsansässiger Caterer für mehr als 5000 Pfadfinder anliefern wird. Während sich einige der erwarteten Gäste schon auf dem Weg nach Schwalmtal befinden, stritten vor Ort Kreisbedienstete mit dem Logistik-Team über die Notwendigkeit von wischbaren Böden in einem Pfadfinderlager. Ohne Bodenabdeckung, Überdachung und mobile Handwaschgelegenheit an jeder Versorgungsstelle sollte es keine Genehmigung geben. Bergh: "Das können wir in der Kürze der Zeit nicht mehr leisten."

Dr. Johannes Genenger (Veterinäramt) verstand die ganze Aufregung nicht. Den Pfadfindern sei die geforderte Ausstattung seit langem bekannt gewesen, erklärte er auf Anfrage. Roversprecher Bergh hätte bereits im Oktober vergangenen Jahres ein Merkblatt erhalten. Bergh bestreitet das nicht, hielt das "DIN-A 3-Blatt in Sechs-Punkt-Schrift" aber nicht für wichtig. Sein Schriftwechsel mit Ämtern und Behörden füllt mehrere Aktenordner. Selbst in Brüssel mussten die Pfadfinder vorstellig werden. "Wenn man sich dort an den Buchstaben des Gesetzes gehalten hätte, gäbe es überhaupt kein Lager", so Bergh. Der Umstand, dass Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers Schirmherr des Jubiläumslagers (100 Jahre Pfadfinder) ist, öffnete Türen, sicherte die Unterstützung bei Behörden — auch die des Kreises Viersen. Verständlich, dass die Auflagen des Veterinäramtes die Pfadfinder zwei Tage vor dem Fest kalt erwischten. Argument von Amtsseite: "Nach den Vorfällen in Fulda sind hygienische Vorschriften im eigenen Interesse der Pfadfinder." Die Frage, ob ein mit Folie abgedeckter Rasen hygienischer ist als einer ohne, blieb unbeantwortet.

Immerhin brachte das Medieninteresse Bewegung in die Sache. Gestern Nachmittag schaltete sich der Landrat als Schlichter ein. "Wir haben die Kuh mit sanftem Druck vom Eis geschoben", teilte Dezernent Dr. Andreas Coehnen mit. Und: "Der Kreis will nicht mit weißen Handschuhen auf diese Großveranstaltung gucken, sondern ist interessiert, dass sie glatt über die Bühne geht." Nach kurzer Rücksprache hatten Kreis und Pfadfinder eine Lösung gefunden. Dr. Coehnen: "Bei schlechtem Wetter findet die Essensausgabe im Zelt mit einer Folie unter dem Tisch statt, bei schönem Wetter erfolgt sie im Freien — ohne Folie."

Reinhold Schulz, Bürgermeister in Schwalmtal, stellte sich auf die Seite der Pfadfinder: "Es ist Aufgabe von Ämtern und Behörden, dem Bürger zu helfen und nicht, ihm Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Bei einem solchen Event sind Kompromissbereitschaft und Flexibilität erforderlich."

(RP)
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