Mönchengladbach Hinab ins Mittelalter

Mönchengladbach · Archäologen haben auf dem ehemaligen Festzeltplatz im Zentrum Rheindahlens die Überreste einer mittelalterlichen Siedlung gefunden. Sie soll aus dem 10. bis 13. Jahrhundert stammen. Für Laien sind die Funde nur schwer zu identifizieren.

Rheindahlen Andreas Bromberger geht mit vorsichtigen Schritten durch den gelben Sand auf der Baustelle an der Helena Straße. In seiner Hand hält er einen rund 1,50 Meter hohen Stab, auf dessen oberem Ende ein orangefarbenes Prisma steckt. Nach jedem Schritt steckt er den Stab einige Zentimeter weiter neben der alten Stelle in den Boden. Es piepst jedesmal, wenn die Spitze den Boden berührt. Aus dem leuchtenden Sand hebt sich ein graues Viereck ab, dessen Ränder Bromberger mit dem Gerät sorgfältig absteckt.

Mittelalterlicher Grubenkeller

Andreas Bromberger ist Archäologe und das piepsende Gerät in seiner Hand ist ein digitales Tachymeter, ein Gerät zum Kartieren von Flächen. Das graue Viereck bildet die Umrisse eines Gebäudes einer mittelalterlichen Siedlung auf dem ehemaligen Festzeltgelände — mitten in Rheindahlen. "Wahrscheinlich war es ein so genannter Grubenkeller. Genaueres können wir aber erst nach näherer Untersuchung und Bestimmung der Fundstücke sagen", erklärt Zafer Görür, Leiter der Rheindahlener Grabung.

Was Görür anhand der Überreste jedoch schon sagen kann, ist, dass die Siedlung zeitlich irgendwo zwischen Hochmittelalter und Früher Neuzeit datiert werden kann. "Wahrscheinlich zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert," sagt Görür.

Damit ist die mittelalterliche Siedlung im Zentrum Rheindahlens die älteste bis jetzt im Ortsteil gefundene, was selbst Görür als erfahrenen Archäologen staunen lässt: "Der Fund ist für Rheindahlen schon etwas ganz Besonderes. Wir sind sehr gespannt, was unser Team hier noch alles findet."

Besonders außergewöhnlich ist für den Grabungsleiter der Bonner Firma Archeonet die Lage der Siedlung mitten im Stadtgebiet. "Wir sind schon nach 1,25 Meter auf die mittelalterlichen Überreste gestoßen. Normalerweise ist das im umbauten Gebiet tiefer. In Köln würde man solche Funde beispielsweise erst nach acht Metern Aushub finden." Überhaupt sei die Rheindahlener Grabung vergleichsweise unkompliziert und die Funde recht gut erhalten. Auch wenn sich diese zurzeit lediglich auf Reste morsch gewordenen Holzfußbodens beschränken und für das Auge des Laien praktisch nicht zu identifizieren sind.

Archäologen müssen immer dann zu einem Baugrund bestellt werden, wenn dieser, wie im Rheindahlener Fall, unter Denkmalschutz steht und bebaut werden soll. "Dann hat der Investor zwei Möglichkeiten: Entweder er bezahlt die archäologische Ausgrabung oder er gibt seine Pläne auf, auf dem betreffenden Grundstück seine Baumaßnahme zu realisieren."

In Rheindahlen hat sich der Investor glücklicherweise für letzteres entschieden. Und was passiert mit den Überresten, wenn bald mit der Baumaßnahme begonnen wird? "Dann muss die mittelalterliche Siedlung weichen. Denn wir machen können hier nur ,kontrolliert zerstören", sagt Görür.

(RP)
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