Mönchengladbach Auftragswerk für Londoner Schriftsteller

Mönchengladbach · Matthias Gehrt inszeniert "African Moon" von Gabriel Gbadamosi im Theaterstudio. In dem Kammerspiel für vier Akteure prallen die geplatzten Träume dreier Deutscher in Afrika aufeinander. Premiere ist am 9. Mai.

 In Afrika – wo genau, das lässt das Stück offen – begegnet Nora (Marianne Kittel) dem Journalisten David (Felix Banholzer).

In Afrika – wo genau, das lässt das Stück offen – begegnet Nora (Marianne Kittel) dem Journalisten David (Felix Banholzer).

Foto: Matthias Stutte

Afrika prägt zurzeit den Spielplan des Theaters. Nur zweieinhalb Wochen nach der Premiere "Hagel auf Zamfara" gibt es im Studio erneut ein Stück über den Schwarzen Kontinent. Wieder wird ein Schauspiel eines Autors mit nigerianischen Wurzeln aufgeführt. Nach Sefi Attas Aufschrei gegen die Unterjochung der Frau setzt sich der britische Schriftsteller Gabriel Gbadamosi (51), Sohn eines Nigerianers und einer Irin, in "African Moon" mit dem "Zusammenprall der Zivilisationen" (nach Samuel Huntington) auseinander, der Europas Sicht auf den großen Kontinent noch immer verstellt. Die bestehende Fremdheit wird durch das Stück ein wenig gemildert, ohne dass der Autor sie wirklich überwinden kann.

Als der Vater von Amy stirbt, kümmert sich ihr Onkel Paul um das Kind; als sie neun ist, verlässt Paul sie, um in Afrika eine Busch-Krankenstation aufzubauen. Amy schreibt ihm Briefe, doch Paul antwortet darauf nie, er hat alle Brücken abgebrochen. Er und Afrika bleiben für Amy dennoch idealisierte Vaterfigur und gelobtes Land.

Die lesbische Amy lebt mit Nora zusammen, dann stirbt sie an Krebs. "Nora verliert ihre geliebte Amy, das verkraftet sie nicht", erläuterte Dramaturgin Leona Benneker bei der Matinee im Theatercafé. In einer Art Anverwandlung der Identität der Partnerin macht sich Nora auf, um anstelle der verstorbenen Amy den angehimmelten Onkel Paul in Afrika aufzusuchen. Als sie dort ist, platzen alle Träume: Die Krankenstation ist heruntergekommen, Paul alles andere als ein Gutmensch, und der Krankenpfleger Martin ist korrupt; aus Geldgier panscht er Impfstoff, das Medikament verursacht bei Kindern Apathie mit fahlem, unbewegtem Gesichtsausdruck — ein Symptom, das mit dem Ausdruck "African Moon" beschrieben wird. Diesem Verbrechen ist der Journalist David, noch ein Deutscher, auf der Spur.

"Unsere westliche Sicht auf Hilfsprogramme in Afrika wird durch einen solchen Zusammenhang hinterfragt", ergänzt Leona Benneker. Die nach wie vor bestehende Fremdheit Afrikas will der Regisseur Matthias Gehrt in seiner Inszenierung nicht leugnen. Er hat Ende der 1980er-Jahre in Lagos für das Goethe-Institut an mehreren Theaterproduktionen in dem westafrikanischen Land gearbeitet. Damals lernte er den Engländer mit Migrationshintergrund Gabriel Gbadamosi kennen und schloss Freundschaft mit ihm. "Gabriel schreibt immer auf der Grenze zwischen Schwarz und Weiß", urteilt Gehrt.

Vier Akteure spielen auf der von Elissa Bier sparsam eingerichteten Bühne. Marianne Kittel gibt die Nora, Amys Onkel Paul verkörpert Joachim Henschke, Christopher Wintgens ist der verschlagene Pfleger Martin, und Felix Banholzer spielt den schrulligen Journalisten. "Wir haben uns entschlossen, dass wir von dem Handlungsort vor allem akustisch erzählen wollen", erläuterte Matthias Gehrt. Daher hat Sven Treeß eine Reihe Soundboxen über der Spielfläche aufgehängt. Gehrt: "Wie an Lianen hängen die Boxen über den Köpfen der Zuschauer." Neben Geräuschen prägen auch diverse Musikeinspielungen, besonders Popsongs der 90er, die akustische Ausrüstung. Premiere des Kammerspiels, das als Auftragswerk für das Theater entstand, ist am 9. Mai, 19.30 Uhr.

(RP)
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