Dinslaken Schüsse im Haschischrausch

Dinslaken · Wegen versuchten Totschlags musste sich ein 45-jähriger Walsumer gestern vor dem Duisburger Landgericht verantworten. Er war bewaffnet in eine Wohnung eingedrungen und hatte dort einen Mann niedergeschossen.

Walsum Es ging um versuchten Totschlag. Was die Beteiligten einer Verhandlung gestern vor dem Duisburger Landgericht berichteten, hätte aber auch als Stoff für einen Hollywoodfilm dienen können. Alles begann mit einem eigentlich harmlosen Streit in der Duisburger Niederrheintherme – und endete in einem blutigen Überfall.

Mit Baseballschläger und Pistole

23. November 2009, kurz vor 21 Uhr: Ein maskierter Mann tritt die Türe einer Parterrewohnung in der Hochhaussiedlung am Waldstück Driesenbusch ein. In der einen Hand hält er eine Pistole, in der anderen einen Baseballschläger. Ziel seiner Attacke ist ein 52-jähriger Mann. Der 43-jährigen Frau und dem 13-jährigen Sohn schenkt er kaum Beachtung. Nachdem das Opfer eine Attacke des Maskierten mit dem Baseballschläger abgewehrt hat, zückt der Angreifer eine Pistole und richtet sie auf den Kopf des Mannes. Gedankenschnell schlägt der 52-Jährige die Hand des Angreifers nieder. Ein Schuss löst sich. Die Kugel dringt in den Oberschenkel des Opfers ein und verursacht eine stark blutende Wunde und einen Trümmerbruch.

Es folgt eine skurrile Szene, in der das am Boden liegende Opfer und der Angreifer sekundenlang in ihren Positionen verharren und sich dabei in die Augen sehen, ehe der Maskierte flüchtet.

Vor dem Haus wartet ein Wagen mit laufendem Motor, in den der Schütze hineinspringt und davonprescht. Unterwegs wirft er die Tatwaffen in den Rhein, ehe er sich bei einem Bekannten ein Alibi besorgt. Diesem erzählt er lediglich von einem kleinen Streit in der Niederrheintherme und bittet ihn darum auszusagen, er sei den ganzen Abend bei ihm gewesen, falls "jemand" danach fragen sollte. Dies macht der Bekannte sogar gegenüber der Polizei – bis er hört, um welche Tat es tatsächlich geht. So geht der 45-jährige Montagearbeiter aus Walsum den Ermittlern ins Netz.

Kapitaldelikt oder nicht? Das war gestern für die drei Richter die Frage. Nach der Antwort sollte sich auch das Strafmaß richten. Gegen ein Kapitalverbrechen sprach, dass der Angeklagte bei der Tat stark alkoholisiert war und kurz zuvor einen Joint geraucht hatte. Außerdem gab ein Psychiater den Ausführungen des Angeklagten Halt, der mehrfach betont hatte, sich an den Tathergang nur vage erinnern zu können. In seinem Haschischrausch will der 45-Jährige das Gefühl gehabt haben, sein heranwachsender Sohn, der gemeinsam mit seiner Ex-Frau im Haus des Opfers wohnt, werde bedroht und benötige seinen Schutz. Wegen dieser Punkte entschied sich der Richter dazu, die Tat nicht als versuchten Totschlag, sondern als gefährliche Körperverletzung zu werten.

Mit Ablehnung reagierte der Richter auf den Vorstoß, den Fall als minderschwer einzustufen. Der Verteidiger hatte in seinem Abschlussplädoyer darauf hinwirken wollen, um seinem Mandanten die Chance auf eine Bewährungsstrafe zu erhalten.

"Dagegen spricht klar, dass der Angeklagte mit zwei Waffen und vermummt in die Wohnung eindringt, sie auf der Flucht entsorgt, sich direkt ein Alibi besorgt und seinem Opfer erhebliche Verletzungen zugefügt hat", erklärte der Richter. Das Urteil: Der 45-Jährige muss für drei Jahre und neun Monaten hinter Gitter.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort