Dinslaken Möhnen außer Rand und Band

Dinslaken · Je kleiner der Narrenzug, desto größer die Altweiberparty. Der närrische Lindwurm, der sich gestern durch die Dinslakener City schlängelte, ist extrem klein, geradezu winzig. Um so größer war die Stimmung auf dem Altmarkt.

Wilhelm Busch wartet am Neutor. Max und Moritz sind auch schon da, Lehrer Lämpel und Schneider Böck. Witwe Bolte hat sogar ihre Hühner mitgebracht. Ungeduldig scharren die Viecher mit den gelben Gummikrallen. "Geht's bald los?" Knüppelmusik. Die Burghofbühne setzt sich in Bewegung. Und auch wenn dies der mit Sicherheit kleinste Narrenzug im ganzen Rheinland ist, für die Mitglieder des Landestheaters ist er ein Muss.

Für die Jecken der Karnevalsgesellschaft Rot-Gold ebenfalls. Sie marschieren voran. Das Tambourcorps Voerde folgt, lässt karnevalistisches Liedgut erklingen. Dahinter singen Schauspieler des Landestheaters. "Wir sind alle Wilhelm Busch", verkündet Intendant Thorsten Weckherlin, der den Dichter gibt und mit einem monströsen Zauselbart zu kämpfen hat. Es folgen die Damen des Bürgerschützenvereins Dinslaken-Feldmark. Sie haben sich in Brockenhexen verwandelt. Die warzigen Gumminasen schützen ein wenig vor der Kälte. Ebenso wie die Spitzhüte. Kamelle fliegen. Die Kinder aus dem Alette-Meyer-Kindergarten, die mit ihren Erzieherinnen am Zug teilnehmen, schauen mit leuchtenden Augen dem Bonbonregen zu. Am Rathaus werden noch schnell das Stadtprinzenpaar und die Jecken von "We sind wer dor" aus Eppinghoven eingesammelt, und dann geht's zum Altmarkt.

Männer haben an Altweiber nicht viel zu melden, wie Stadtprinz Helge I. schnell feststellen muss. Sein Narrenzepter ist er schnell los. Prinzessin Susanne I. entreisst es ihm. "Mein Prinz hat noch nicht so ganz mitbekommen, dass heute Altweiber ist. Der denkt doch wirklich, er hätte was zu sagen", erklärt die Regentin und lässt ihren Prinzen das eigene Zepter kurz spüren. Was diesen nicht davon abhält, die versammelte Narrenschar fröhlich zu begrüßen. "In Köln und Düsseldorf wird heute auch gefeiert, doch in Dinslaken ist die Stimmung besser", meint Helge I. Er weiß, dass man als Prinz ruhig mal ein wenig flunkern darf. Die Jecken nehmen's ihm nicht krumm. Im Gegenteil. Sie sind gekommen, um zu feiern. Und das tun sie. Anfangs nur ein paar Gruppen, später immer mehr. Der Altmarkt füllt sich. Clowns tanzen vor der Bühne. Neongelbe Cowboys vergnügen sich mit einer Polonaise. Hier quiekt ein Teletubby, dort fiebt ein Roboter, Engelchen schlürfen Prosecco, und Teufelchen bützen um die Wette. Auch Spiderman ist da. Im Miniformat. Macht aber trotzdem mächtig Eindruck.

Als Vogelscheuche unterwegs

Tanja Pfarsky steckt in einem Strohsack mit bunten Flicken. Auf ihrem Strohhut leuchten gelbe Sonnenblumen. "Ich bin 'ne Vogelscheuche", erklärt sie. "Ich dachte mir, das wäre mal was anderes." Ist es. Dann streicht sich die Möhne eine Stroh-Strähne aus dem Gesicht und stürzt sich wieder ins bunte Treiben.

Derweil sorgen auf der Bühne "Die drei Tenöre" der KG Rot-Gold für Stimmung. Ihre Füße stecken in Ski-Stiefeln. Das hat den Vorteil, dass sich das Trio in die aberwitzigsten Schieflagen bringen kann, ohne umzufallen. Applaus, Helau und ein bisschen Alaaf. Schließlich sind sogar Gäste aus Köln zu Gast. Die Stimmungsband "Pö-A-Pö" bringt domstädtischen Jux auf die Altmarkt-Bühne. Das kommt an. Und alles, alles schunkelt.

(RP)
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