Arcandor-Krisengipfel Karstadt-Kaufhof-Fusion zeichnet sich ab

Frankfurt/Main (RPO). Der Karstadt-Mutterkonzern Arcandor ist angesichts der drohenden Insolvenz nun doch zu einem Zusammenschluss seiner Warenhäuser mit den Kaufhof-Filialen des Konkurrenten Metro bereit. "Wir haben klare Hinweise aus der Politik bekommen und suchen das Gespräch", sagte Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski. Das berichtet die Nachrichtenagentur AP.

 Mitarbeiter von Karstadt demonstrieren am Sonntag wie hier in Hamburg in zahlreichen Filialen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze.

Mitarbeiter von Karstadt demonstrieren am Sonntag wie hier in Hamburg in zahlreichen Filialen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze.

Foto: AP, AP

Der Arcandor-Betriebsratschef Hellmut Patzelt plädiert bei der angestrebten Fusion der Arcandor-Tochter Karstadt mit der Metro-Tochter Kaufhof für eine "Fusion unter Gleichen" und nicht für eine Übernahme durch Kaufhof. "Wir müssen zunächst unter Arcandor wieder auf die Beine kommen. Dann können wir weiter sehen", sagte Patzelt dem "Tagesspiegel". "Eine Fusion nur als Restrukturierung zu verstehen und Tausende Stellen zu streichen, ist falsch", sagte Patzelt. Er glaubt weiterhin an Staatshilfe für den angeschlagenen Handels- und Touristikkonzern. Bei Gesprächen in verschiedenen Bundesministerien habe er Signale bekommen, die kein endgültiges Aus für Arcandor sehen. "Auf die vertraue ich", sagte Patzelt.

Protestaktionen in ganz Deutschland

In zahlreichen der 89 Karstadt-Filialen haben die Beschäftigten der angeschlagenen Warenhäuser deutschlandweit für den Erhalt der Traditionshäuser demonstriert. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Karstadt-Betriebsrat haben nach eigenen Angaben die rund 32 000 Karstadt-Beschäftigten dazu aufgerufen, in allen Warenhäusern Mahnwachen und Demonstrationen abzuhalten sowie die Filialen zu besetzen. Die Aktionen sollen in der kommenden Woche fortgeführt werden.

Karstadt zahlte keine Miete

Zuletzt spitzte sich die Lage bei Arcandor mit seinen rund 50.000 Mitarbeitern immer weiter zu: Das Unternehmen stellte die Mietzahlungen für seine Karstadt-Filialen ein. Sollte die Bundesregierung den beantragten Notkredit in Höhe von 437 Millionen Euro ablehnen, muss Arcandor nach eigenen Angaben bereits am (morgigen) Montag Insolvenz anmelden. Zehntausende Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Ohne staatliche Hilfszusage werde Arcandor am kommenden Freitag zahlungsunfähig, wenn überlebensnotwendige Kredite ausliefen.

Der Zusammenschluss mit Metro zu einer Deutschen Warenhaus AG sei ein Weg, um die Voraussetzungen für staatliche Hilfen zu erfüllen, sagte Koslowski weiter. Eine privatwirtschaftliche Lösung war seitens der Politik immer wieder als Bedingung für staatliche Hilfe genannt worden.

Appell von Verdi

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, man stehe mit den Beteiligten in Kontakt, nehme aber nicht selbst an dem Krisentreffen teil. Teilnehmer sind nach AP-Informationen die Vorsitzenden von Arcandor und Metro, Karl-Gerhard Eick und Eckhard Cordes, auch Arcandor-Aufsichtsratschef Friedrich Carl Janssen sowie der Deutschland-Chef der Investmentbank Goldman Sachs, Alexander Dibelius. Die Bank ist Haupteigentümer der Immobiliengesellschaft, der die meisten Karstadt-Häuser gehören.

Metro ist an einer Fusion seiner Kaufhof-Standorte mit den Karstadt-Warenhäusern interessiert. Das Rettungskonzept sieht den Wegfall von rund 5.000 Stellen vor, für die laut Metro-Chef Cordes anderweitige Lösungen gefunden werden könnten.

In einem dramatischen Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sofortige Staatshilfe für Arcandor: "Ohne die Hilfe der Politik geht es nicht", erklärte Verdi-Vorstand Margret Mönig-Raane. "Die Rettungsbeihilfe muss am Montag kommen." Sie forderte zudem, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen und erst wieder auseinanderzugehen, wenn eine Lösung gefunden sei.

"Eigentümer und Gläubiger stärker fordern"

Unmittelbar vor dem Krisengipfel verlangte Metro von Eigentümern und Management von Arcandor aber klare Aussagen darüber, welcher Lösung - Staatshilfe oder der privatwirtschaftlichen Option - sie den Vorzug geben. Metro gehe davon aus, dass auch über den von Vorstandschef Cordes vorgeschlagenen vierstufigen Plan zur Rettung der Karstadt-Warenhäuser geredet werde. Dieser zeigte sich in der "Bild am Sonntag" zuversichtlich "dass es eine privatwirtschaftliche Lösung für die Karstadt-Warenhäuser auch ohne Insolvenz geben kann". Zudem sieht er bei einer Übernahme der Karstadt-Filialen für fast alle Mitarbeiter eine sichere Zukunft.

Auch Merkel forderte die Arcandor-Geschäftsführung auf, mit Metro zu sprechen. Sie lehnt derzeit Staatshilfen ab. "Bei Arcandor muss man zunächst einmal die Eigentümer und die Gläubiger stärker fordern", sagte die CDU-Chefin dem Blatt. Sie warf Arcandor Missmanagement mit äußerst ungünstigen Vertragsgestaltungen vor und nannte die Mietverträge als Beispiel.

Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) schließt staatliche Hilfen für Arcandor dagegen nach wie vor nicht aus. "Ich habe in den letzten Tagen immer wieder gesagt, das hängt auch davon ab, inwieweit die Eigentümer, insbesondere die Eigentümer der Immobilien, in der Lage und bereit sind, sich selbst zu beteiligen", sagte der SPD-Kanzlerkandidat am Sonntag in Berlin.

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