Dopingvorwürfe gegen Tour-Rekordsieger Armstrong: "Das riecht nach Rache"

Saint-Quentin · Das Netz der Dopingjäger um Lance Armstrong zieht sich anscheinend zu, doch der siebenmalige Tour-Sieger geht weiter in die verbale Offensive und prangert öffentlich eine Verschwörung gegen ihn an: "Es geht hier um selektive Strafverfolgung. Das riecht nach Vendetta, nach Blutrache", twitterte Armstrong und reagierte damit auf Berichte, dass ihn ehemalige Teamgefährten als Kronzeugen den US-Fahndern ans Messer geliefert haben sollen. Eine Verurteilung des Texaners wegen jahrelangen Betrugs durch Dopingpraktiken würde in diesem Falle wahrscheinlicher werden.

So gewann Armstrong sieben Mal die Tour
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Die renommierte US-Tageszeitung New York Times bestätigte derweil unter Berufung auf eigene Quellen den Bericht des Telegraaf aus den Niederlanden. Dieser hatte am Donnerstag vermeldet, dass die ehemalige Team-Gefährten George Hincapie (BMC), Levi Leipheimer (QuickStep), David Zabriskie und Christian Vande Velde (beide Garmin) sowie Garmin-Teamchef Jonathan Vaughters bei der US-Anti-Doping-Agentur USADA eine Dopingbeichte abgelegt und Armstrong schwer belastet haben. Als Kronzeugen sollen sie mit sechs Monaten Sperre, abzusitzen ab Saisonende, davon gekommen sein.

Armstrong schrieb dazu: "Habe ich das richtig verstanden? Komm und erzähl der USADA genau, was sie hören will im Austausch für Immunität, Anonymität und die Gelegenheit, das größte Radsportrennen fortzusetzen. Es geht nicht darum, dass die USADA den Radsport sauber machen will."

Für die betroffenen Fahrer, einschließlich Vaughters einst treue Domestiken bei US Postal, Discovery Channel oder RadioShack, äußerte Armstrong sogar Verständnis: "Lasst mich eines klarstellen - die betroffenen Fahrer sind auch Opfer der USADA und ihrer Methoden."

USADA-Chef Tom Tygart wollte sich nicht zu potenziellen Zeugen gegen Armstrong äußern, bestritt aber in einem Statement rechtskräftige Sperren und Sanktionen gegen Fahrer: "Es sind keine Einzelfälle abgeschlossen worden. Jeder Versuch, aufgrund von Spekulationen zu erraten, wer Zeuge sein könnte, würde nur zu unnötigen Drohungen und Einschüchterungen führen."

Die USADA hatte den Anfang 2011 endgültig zurückgetretenen Armstrong Mitte Juni formal des Dopings angeklagt. Die Agentur stützt sich auf zehn Zeugen, zu denen auch Armstrongs einstige Helfer Tyler Hamilton und Floyd Landis zählen. Bei einer Verurteilung droht dem 40-Jährigen neben einer lebenslangen Sperre auch die Aberkennung seiner Titel. Armstrong leugnet nach wie vor, jemals zu Dopingmitteln gegriffen zu haben.

Auf das aktuelle Tourgeschehen nahm die jüngste Entwicklung in der Causa Armstrong derweil kaum Einfluss. Hincapie und Co. schwiegen oder äußerten sich vage zum Fall und setzten die Frankreich-Rundfahrt wie geplant fort. Die Aussicht auf einen drohenden großen Doping-Knall trübte dennoch ein wenig die Stimmung.

Der Schweizer Fabian Cancellara (RadioShack), Träger der Gelben Trikots, sagte dazu: "Für den Radsport ist es keine gute Sache, soviel steht fest. Es macht mich traurig, aber wir müssen uns dem stellen. Meine größte Sorge ist, dass uns das mal wieder drei oder vier Jahre beschäftigt wie in anderen Fällen."

(sid)
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