Neuss/Korschenbroich Stadionsprecher als Aufstiegsheld

Neuss/Korschenbroich · Der gebürtige Neusser und Wahl-Epsendorfer André Scheidt ist Stadionsprecher bei Fortuna Düsseldorf. Bei der Relegation um den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga fand der er die richtigen Worte und mahnte die Fans zur Vernunft.

Fortuna-Fans singen vor Rathaus-Balkon
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Es hat gedauert, bis André Scheidt wirklich verstanden hat, was da passiert ist. Immer wieder hat der 34-Jährige diesen einen Satz wiederholt, ein Mantra, das ein ganzes Stadion beruhigen soll: "Wir sind eine Kurve. Zusammen stehen wir das durch."

Es ist der Satz, der André Scheidt in den Mittelpunkt rückt, obwohl er das gar nicht wollte. Neun Millionen Zuschauer sitzen am Dienstagabend beim Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC Berlin vor dem Fernseher, 51.000 Fans sind im Stadion, mehr als 3000 haben gerade den Platz gestürmt.

André Scheidt, der Stadionsprecher, steht mitten im Getümmel. Die Fans müssen vom Platz, sonst droht der Spielabbruch. Scheidt redet auf sie ein, beschwichtigt. Er findet die richtigen Worte, auch mit seinem Mantra. Am Ende geht das Spiel weiter. André Scheidt atmet durch.

Der gebürtige Neusser und Wahl-Epsendorfer hat gestern viel über diese Szenen geredet. "Es war die härteste Situation, die ich bisher als Stadionsprecher erlebt habe", sagt er. 25 Minuten war das Spiel unterbrochen. Sie kamen ihm erst vor wie ein Wimpernschlag, und dann wie eine halbe Ewigkeit.

"Als die ersten Fans aufs Spielfeld stürmten, ging alles rasend schnell. Von einer Sekunde auf die andere war der Rasen voll", sagt André Scheidt. "Aber später, als das Spielfeld wieder frei war und alle auf die Spieler von Hertha BSC warteten — da kam es mir vor wie eine halbe Ewigkeit."

Wie in einem Film hat André Scheidt die Ereignisse wahrgenommen. Er musste aus dem Bauch raus handeln, richtig entscheiden, die Situation einschätzen. "Die Leute, die da aufs Spielfeld liefen, wollten keine Krawalle machen, sondern jubeln und feiern", meint er. "Sie haben gedacht, das Spiel sei vorbei. Leider war der Schlusspfiff noch nicht erfolgt."

Also stellte er sich hin und mahnte zur Ruhe. Bald nahmen ihn die TV-Kameras ins Bild. Während der Turbulenzen auf dem Platz behielt André Scheidt kühlen Kopf. Er war die Stimme der Vernunft. Hin und wieder blitzte die bange Frage auf, was passiert, wenn das Spiel nicht weitergeht.

Aber Scheidt hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Er musste dafür sorgen, dass es weitergehen kann. Gestern erst wurde ihm klar, was am Dienstagabend passiert ist. Normalerweise ist es André Scheidt, der Interviews führt. Jetzt wurde er zum gefragten Gesprächspartner.

Aber es war ohnehin ein außergewöhnlicher Tag: Bis in den frühen Morgen hatte er Fortunas Aufstieg in die Bundesliga gefeiert, nach nur drei Stunden Schlaf ging es ins Düsseldorfer Rathaus. Dort gab es den Aufstiegsempfang für das Team, beim Blick vom Rathausbalkon überkam ihn Gänsehaut. Die Fans jubelten, sie feierten. Friedlich. Ausgelassen. "Wir sind eine Kurve", sagt André Scheidt.

(top/jco)
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