Inzest-Fall von Amstetten Freunde erlebten Josef F. "als netten Opa"

München (RPO). Lustig, nett, höflich - so beschreiben ehemalige Freunde aus Deutschland den 73-jährigen Josef F., der seine Tochter im österreichischen Amstetten vergewaltigt und 24 Jahre lang einem Kellerverlies gefangen hielt.

Die Familie des Josef F.
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Foto: Polizei Österreich

"Er war sehr lustig, hat gern gelacht. Hilfsbereit", schwärmt die Münchnerin Andrea S. im Rückblick. "Ein guter Kerl halt, mit dem man gut ausgekommen ist." Mehrmals haben sie sich am Mondsee getroffen, in Amstetten und München gegenseitig besucht, einmal in Thailand gemeinsam Urlaub gemacht. "Er war nett, freundlich, höflich."

Heute will sie mit dem Kerl nichts mehr zu schaffen haben. "Weil ich solche Menschen verachte." Denn der 73-jährige Josef F. hat seine eigene Tochter vergewaltigt und sie mit drei der gemeinsamen Kinder 24 Jahre lang unter der Erde eingekerkert.

Als Andrea S. sein Foto und das Haus im Fernsehen sah, fiel sie aus allen Wolken. "Wir waren ziemlich geschockt. Ich hätte nie gedacht, dass er so 'ne zweite Seite hätte", sagt die 45-Jährige. Ihr Verlobter Paul, der Josef F. schon vor 35 Jahren beim Camping am Mondsee kennengelernt hat, würde ihn heute "auf der Stelle totschlagen".

Josef F. hat die Elektrik gemacht in dem Gartenhaus an einer Autobahn westlich von München, in dem das Paar wohnt. Er sei ein guter Handwerker gewesen und sehr hilfsbereit, sagt Andrea S. Vier Mal sei sie mit Paul in Amstetten gewesen, um die Familie F. zu besuchen. Josef F. habe ihnen die Wohnung gezeigt, den Swimmingpool und die Dachterrasse. Da hätten sie dann zusammen gegessen, geredet, "Blödsinn gemacht, Witze erzählt. Und dann sind wir wieder nach Hause gefahren", sagt sie.

Nichts habe sie geahnt davon, was sich unter dem Haus und dem Rasen abspielte. Wenn sie heute daran denke, wie sie da oben lachten und unten - "also, es ist ein blödes Gefühl", sagt sie. "In das Haus würde ich nie mehr reingehen, das wäre mir unheimlich."

Enkel waren gut erzogen

Mit seinen angeblichen Enkeln sei Josef F. bei den Besuchen in Amstetten und am Mondsee ganz normal umgegangen, sagt Andrea S.: "Wir haben ihn wirklich als netten Opa angesehen." Die Kinder hätten brav Grüß Gott gesagt und seien dann wieder spielen gegangen. Dass ihm mal die Hand ausgerutscht wäre, habe sie nicht erlebt.

Nur andeutungsweise schildert Andrea S. das Verhältnis von Josef F. zu seiner Frau Rosemarie: "Wenn wir jetzt da waren, zeigte man sich eigentlich immer von der guten Seite." Es sei normal gewesen, "wie Eheleute sich eben verhalten. Sie hat damals in der Küche gestanden, hat das Essen gemacht, und wir waren mit ihm im Esszimmer und haben über alte Zeiten gelacht und unsere Späßchen gemacht", sagt sie. Und wenn der Josef der Rosemarie wirklich strikt verboten haben sollte, den Keller zu betreten, "also da glaub ich nicht, dass sie da irgendwie widersprochen hätte".

Als Paul und Andrea S. mit Josef F. den ganzen Januar 1998 im Badeort Pattaya in Thailand Urlaub machten, blieb Rosemarie zu Hause. Sie hütete die vermeintlichen Findelkinder ihrer verschwunden Tochter. F. habe sich ausgeruht und die Wärme im Winter genossen. "Wenn wir abends an die Bar gegangen sind, ist er selten dabei gewesen. Er ist meistens im Hotel geblieben und ging früh schlafen", sagt Andrea S. "Mit Frauenbekanntschaften hatte er nichts am Hut. Im Gegenteil. Einmal wollte sich ein Thaimädel an ihn ranmachen, da ist er abgehauen und ist wieder ins Hotel gelaufen, auf sein Zimmer."

Josef F. kaufte Reizwäsche für seine "Freundin"

Streit gab es aber, als Paul seinen Freund einmal beim Einkaufen filmte: "Er hat Reizwäsche gekauft, unter anderem auch ein blaues Abendkleid", sagt Andrea S. "Da war er recht sauer und hat gemeint, wir sollen aufhören, das sollte die Frau nicht wissen zu Hause, weil das Kleid wäre für seine Freundin." Von einer Freundin wusste selbst Paul bis dahin noch nichts. Aber der aufgebrachte Josef F. wollte nicht mehr sagen. "Wir haben dann nicht mehr näher danach gefragt."

Dass Rosemarie F. irgend etwas geahnt hat, hält Andrea S. für ausgeschlossen: "Sonst hätte sie garantiert was unternommen, um ihre Tochter da rauszuholen. Sie liebt ihre Kinder. Das sieht man auch, wie sie ihre Enkelkinder großzieht", sagt sie. "Ich glaube ihr voll und ganz!"

(ap)
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