Duisburg Zweigs letztes Werk als Figurentheater

Duisburg · Das letzte und zugleich bekannteste Werk von Stefan Zweig hatte jetzt seine Duisburger Premiere im Foyer unterm Dach des Theaters als "Figurentheater für Erwachsene mit Livemusik", humorvoll verknappt auf eine Stunde.

 Wer die sehenswerte Aufführung noch einmal sehen möchte, hat heute Vormittag ab 11 Uhr dazu noch einmal die Gelegenheit - oder aber erst in der nächsten Saison.

Wer die sehenswerte Aufführung noch einmal sehen möchte, hat heute Vormittag ab 11 Uhr dazu noch einmal die Gelegenheit - oder aber erst in der nächsten Saison.

Foto: Frank Pusch

Die "Schachnovelle" ist eine Novelle von Stefan Zweig, die er zwischen 1938 und 1941 im brasilianischen Exil schrieb. Sie ist sein letztes und zugleich bekanntestes Werk. Jetzt gab es im Foyer III unterm Dach des Duisburger Theaters die jüngste Produktion der Bühne Cipolla und des Metropol-Ensembles, nach "Mario und der Zauberer" und "Bestie Mensch" (die RP berichtete).

Die "Schachnovelle" spielt an Bord eines Passagierschiffs von New York nach Buenos Aires. Den Schachweltmeister Mirko Czentovic fordert ein selbstgefälliger Millionär gegen Honorar zu einer Simultanpartie heraus. Der primitive und zugleich arrogante Czentovic beherrscht fast automatisch die kalte Logik des königlichen Spiels. Der österreichische Emigrant Dr. B. greift beratend in die hoffnungslos verfahrene Partie ein und rettet gegen den Weltmeister ein schmeichelhaftes Remis.

Dr. B., als Vermögensverwalter großer Klöster von der Gestapo verhaftet, hatte sich - in einem Hotelzimmer hermetisch von der Außenwelt abgeschnitten - vor nervlicher Zermürbung und geistiger Aushöhlung bewahrt, indem er monatelang eine Sammlung von 150 Meisterpartien blind durchspielte und somit jene Widerstandskraft zurückgewonnen, die ihm die täglichen Verhöre abverlangten. Später dachte er sich zu den alten Partien neue aus und überwand so die "völlig raumlose und zeitlose Leere". Er begann so leidenschaftlich gegen sich selbst zu spielen, dass er wie schizophren wirkte und entlassen wurde.

Duisburg: Zweigs letztes Werk als Figurentheater
Foto: D 810

Zum ersten Mal nach seiner Haft spielt nun Dr. B. auf einem richtigen Schachbrett gegen einen kongenialen Gegner. In der ersten Partie schlägt er den Weltmeister souverän, gegen seinen Willen lässt er sich auf eine Revanche ein und verfällt in jenes Nervenfieber, das seinen Zusammenbruch herbeigeführt hatte. Dr. B. bricht die Partie ab und entfernt sich, um nie wieder ein Schachbrett zu berühren.

Diese genaue Handlung muss man nicht kennen, um die Produktion genießen zu können, aber es hilft. Denn das ist im Foyer III auf eine Stunde "Figurentheater für Erwachsene mit Livemusik" verknappt, ohne den historischen Hintergrund der Nazizeit, dafür mit viel Humor und schrägen Figuren wie der Kapitäns-Ratte.

Die Produktion konzentriert sich auf das allgemeine Plädoyer für Selbstbestimmung, für Kreativität und für die Kunst. Sebastian Kautz (Schauspiel, Puppenspiel, Regie, Spielfassung, Bühnenkonzept, Bühnenbau und Lichtdesign), Gero John (Violoncello, Bandoneon, Komposition und Sounddesign) und Melanie Kuhl (Puppenbau, Kostümbild, Schneiderei und Bühnenmalerei) haben hier wieder ein kleines Meisterwerk vollbracht. Gleich zu Beginn hören wir den Ozeandampfer in der Luft des Bandoneons.

Wir wollen aber auch dieses Mal nicht alles verraten, sondern empfehlen unbedingt den Besuch der Vorstellungen am heutigen Freitag, 29. Mai, ab 11 Uhr vormittags sowie in der nächsten Spielzeit.

(hod)
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