Ricky Shayne "Mamy blue" in Flingern

Düsseldorf · "Ich sprenge alle Ketten" oder "Ich mache keine Komplimente" waren seine größten Hits – vor etwa 35 Jahren. Ricky Shayne sieht heute noch fast genauso aus wie damals – mit ein paar Falten mehr im Gesicht. Seit einigen Wochen betreibt er einen Kiosk und verkauft Zeitungen.

Schlagerstar Ricky Shayne in seinem Büdchen
8 Bilder

Schlagerstar Ricky Shayne in seinem Büdchen

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"Ich sprenge alle Ketten" oder "Ich mache keine Komplimente" waren seine größten Hits — vor etwa 35 Jahren. Ricky Shayne sieht heute noch fast genauso aus wie damals — mit ein paar Falten mehr im Gesicht. Seit einigen Wochen betreibt er einen Kiosk und verkauft Zeitungen.

Er wischt gerade den Boden in seinem Kiosk. "Kommen Sie ruhig rein", sagt Ricky Shayne und putzt seelenruhig weiter. "Setzen Sie sich." Der Boden ist sauber, Ricky setzt sich dazu. Sein Sohn Tarek (16) hilft ihm heute, muss nicht zur Schule, darum hat Vater Ricky Zeit zum Plaudern. Im März hat er gemeinsam mit seiner Frau Gina den Kiosk an der Flurstraße eröffnet. Und seitdem hat sich das Büdchen zu einem Treffpunkt entwickelt: für alte Shayne-Fans, für Musiker-Kollegen, für musikalische Nachbarn, die sich mit dem Blues- und Rock-Musiker eine Jam-Session liefern.

Ein Büdchen — ist das kein Abstieg? Shayne schüttelt vehement den Kopf mitsamt dichter Löwenmähne. So ein Quatsch. Schließlich habe Jonny Weißmüller auch als Hotelportier gearbeitet. Sagt's und stößt den Tarzan-Schrei aus. Ricky Shayne hat seine ganz eigene Philosophie für seinen Kiosk. "Hier sollen sich alle wohlfühlen und relaxen", sagt er und breitet die Arme aus.

Er trägt heute Jeans, schicke Turnschuhe, ein schwarzes Rippenhemd, an dem die Ärmel abgetrennt sind und die Reste ganz cool etwas fransig runterhängen. Dicke Armbänder und die traditionell auffällige Kette mit einem Schloss dran sind sein Schmuck. Neben seinen Haaren: Die sind dunkelbraun und dick wie eh und je, ähneln einem Löwenkopf. Wie er das hinbekommt? Ricky Shayne strahlt und greift sich ein bisschen kokett in den Haarschopf: "Na ja, ein bisschen dünner werden sie schon. Aber sonst habe ich eben die guten Gene meiner Eltern."

Trotz einiger Falten unter den Augen sieht er aus wie früher, als er durch die Hitparaden stürmte, von einer Bühne zur anderen tingelte, immer wieder sein "Mamy blue", sein "Aqui" oder "Ich sprenge alle Ketten" sang. "Die Leute wollen das alles immer wieder hören." Auch heute noch? Na klar: Am liebsten würde der 64-Jährige wieder auftreten. Comeback sei das falsche Wort dafür: "Ich will einfach auf der Bühne stehen und Spaß haben." Und natürlich Geld verdienen — das gibt er zu. "Benefiz-Konzerte gebe ich nicht, ich bin Unternehmer." Er weiß aber auch, dass er mit dem Kiosk kein Geld verdienen wird. "Damit wirst du nicht reich — außer du hast 30 davon."

Als George Albert Tabett kam er im Juni 1944 in Kairo auf die Welt. Er wuchs im Libanon auf und zog mit seiner Mutter nach Paris, als er 15 Jahre alt war. Seine ersten Erfolge als Sänger hatte er in Italien. Als Udo Jürgens dann 1966 seinen Film "17 Jahr', blondes Haar" drehte, kam Shayne nach Deutschland und spielte mit. 1967 stürmte er mit "Ich sprenge alle Ketten" die Hitparade, wurde zum Schwarm aller (weiblichen) Teenager.

Etwas älter geworden stehen sie jetzt im Büdchen an der Flurstraße. "Kann ich ein Autogramm haben?" Na klar, Ricky Shayne freut sich über die Sympathie seiner Fans. Wie heißt Du? Sandra. Sie hält eine alte CD von ihrem Idol in der Hand. "Die hat mir meine Mutter gegeben." Shayne zuckt nicht mit der Wimper — obwohl er vermutlich genauso alt ist wie Sandras Mutter.

Plötzlich stoppt ein Getränkelieferant schwungvoll seine Ladung vor der Tür ab, stürmt in den Kiosk und zückt seinen Notizblock. Ein Autogramm — dieses Mal für Steffi, mit der er gerade in eine neue Wohnung zieht und eine Familie gründet. Dann kommen aber auch ganz normale Kunden in den Kiosk — sie kaufen Zigaretten, ein VRR-Ticket, Eistee, lassen sich einen Cappuccino oder einen Grünen Tee geben. Viele, die einfach nur reinkommen, um etwas zu kaufen, gucken Ricky Shayne an, als würden sie ihn von irgend woher kennen.

Er nimmt's gelassen. Und stellt gleich sein neues Hobby vor: Am Computer entwirft er Phantasiebilder. Figuren, die auf dem Mars leben könnten, Aliens oder süße kleine Monster strahlen einen in knallbuntem Umfeld entgegen. Wenn er jetzt noch eine Galerie fände, die seine Bilder ausstellt, wäre er glücklich. Und dann irgendwo ein Konzert geben. Das wäre es. Salut, sagt der Mann im Muskelhemd mit Löwenmähne. Küsschen links, Küsschen rechts, Salut, und danke für den Besuch.

(RP)
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