In Koblenz Prozess um mutmaßlichen Kannibalen wird neu aufgerollt

Koblenz (rpo). Ein Aufsehen erregender Prozess um einen möglichen Kannibalismussfall wird derzeit in Koblenz neu aufgerollt. Vor Gericht steht ein 26-Jähriger, der seine Cousine erstickt und anschließend zerstückelt haben soll. Es gibt Hinweise darauf, dass er Teile der Leiche gegessen hat.

 Die australische Polizei sucht nach einem Einbrecher, der von einem Rentner mit Hilfe eins Schuhs in die Flucht geschlagen wurde.

Die australische Polizei sucht nach einem Einbrecher, der von einem Rentner mit Hilfe eins Schuhs in die Flucht geschlagen wurde.

Foto: ddp, ddp

Obwohl im grausige Taten vorgeworfen werden, wirkte der schlanke junge Mann bei Prozessbeginn sehr gelassen. Immer wieder scherzte der 26-jährige Thomas S. mit seinen Anwältinnen. Genauso unbeteiligt berichtete er nach Aussage eines Polizisten im Januar 2002, er habe morgens nach dem Aufwachen den Kopf und das Becken seiner Cousine in der Badewanne gefunden. Der Brustkorb habe im Backofen gesteckt.

"Er war absolut emotionslos", berichtete der Polizeibeamte über die erste Vernehmung des Tatverdächtigen. Das sind die einzigen Angaben, die der arbeitslose Elektriker jemals zur Sache gemacht hat. Vor Gericht schweigt er, genau wie im ersten Prozess. Sicher ist nur, dass er die Tat abstreitet.

Die Koblenzer Richter kamen im ersten Prozess trotzdem zu dem Schluss, dass Thomas S. am 10. Januar 2002 die 22-Jährige in der gemeinsamen Wohnung in Brohl-Lützing (Kreis Ahrweiler) getötet hatte. Das Urteil vom 1. Dezember 2003 lautet jedoch auf Freispruch wegen Schuldunfähigkeit. Der Angeklagte wurde wegen seiner psychischen Krankheit in eine geschlossene Anstalt eingewiesen. Dagegen hat er erfolgreich Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof hielt das psychiatrische Gutachten für mangelhaft und verwies das Verfahren zurück ans Koblenzer Landgericht.

Wegen einer Gesetzeslücke wird damit gerechnet, dass der Angeklagte erneut freigesprochen werden muss. Denn nach der Rechtslage darf ein zweiter Prozess nicht zu einem schlechteren Urteil führen als der erste, wenn allein der Angeklagte in Revision gegangen ist.

Laut Anklage erstickte Thomas S. seine Cousine, während sie schlief. Dann soll er die Leiche zerlegt und Teile davon in seinem Backofen erhitzt haben. Ob er auch Leichenteile gegessen hat, ist unklar. Unter anderem wurden die Brüste und die Geschlechtsteile der Frau nie gefunden. Bei anderen Körperteilen wurden Reiskörner entdeckt.

Befangenheitsantrag gegen die Richter

Die Verteidigung ging gleich zu Beginn des neuen Verfahrens auf Konfrontation und stellte einen Befangenheitsantrag gegen die Richter. "Die Vorsitzende steht meinem Mandanten nicht unparteilich gegenüber", monierte Rechtsanwältin Gabriele Steck-Bromme. Unter anderem sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Die Verteidigung hatte nach Aufhebung des Urteils mehrere Anträge auf Aufhebung des Unterbringungsbefehls gestellt, war damit jedoch gescheitert. Eine Entscheidung über den Befangenheitsantrag steht noch aus.

Die Staatsanwaltschaft geht von Eifersucht als Motiv für die Tat aus. "Der Tatverdächtige hat selbst angegeben, die 22-Jährige habe ihm einige Tage vor der Tat mitgeteilt, sie sei möglicherweise von einem anderen schwanger." Thomas S. und seine Cousine sollen nach Zeugenaussagen keine Liebesbeziehung gehabt haben.

Das erste Urteil scheiterte an dem psychiatrischen Gutachten, das nach Meinung des BGH schwerwiegende formale und inhaltliche Mängel aufweist. Die Sachkunde des Gutachters, der dem Angeklagte eine "schizotype Persönlichkeitsstörung" attestierte, wurde offen angezweifelt. Trotzdem ist der Sachverständige - gemeinsam mit anderen - in dem neuen Verfahren wieder dabei. Auch gegen ihn stellte die Verteidigung zum Prozessauftakt einen Befangenheitsantrag. Vor dessen Gutachten habe es "keinerlei Hinweis auf eine psychische Störung gegeben", betonte Verteidigerin Steck-Bromme. "Die Diagnose war kaum nachvollziehbar."

Der BGH betonte in seinem Urteil ausdrücklich, dass die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik nicht ohne Grund fortgesetzt werden dürfe, nur weil eine andere Verurteilung nicht möglich wäre. Dass der Angeklagte, der seit 16. Juli 2002 in der geschlossenen Psychiatrie sitzt, auf freien Fuß gesetzt wird, halten Fachleute trotzdem für unwahrscheinlich.

(afp)
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