Tourismus in Kairo Urlaub in der Stadt der Revolution

Kairo · Zahlungskräftige Touristen in Massen? Das war einmal. Die Bilder von Gewalt schrecken viele Urlauber ab. Wer dennoch kommt, erlebt im Sommer 2012 vor allem aggressive fliegende Händler.

Die schönsten Seiten von Kairo
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Jamahl wartet vergeblich auf Kundschaft. Seit 17 Jahren arbeitet und schläft der Bootsmann auf seiner typisch ägyptischen Feluke, mit der er normalerweise Touristen in Kairo über den Nil schippert. Er ist ein Anhänger der Revolution, doch gleichzeitig auch ein Verlierer. Denn es kommt einfach kein Geld mehr in die Kasse. Kein Tourist, nirgends. Eigentlich muss er seine Familie in Nordägypten ernähren.

Immer noch ein Urlaubsziel ohne Ruhe

Ägypten ist noch immer ein Land ohne Sicherheit und Frieden, es kommt auch eineinhalb Jahre nach der Rebellion nicht zur Ruhe. Wer sich als Tourist nach Kairo traut, wird von aggressiven fliegenden Händlern belagert: Am Eingang zur Sphinx bei den Pyramiden im nahegelegenen Gizeh zieht ein Führer die Menschen zur Seite, weiht sie im Schnelldurchlauf in die Geheimnisse des Löwenmenschens ein, um dann nach fünf Minuten viel Geld für seine Ausführungen zu verlangen:
"Are you happy? - Sind Sie glücklich?", fragt er und hält die Hand auf.

50 ägyptische Pfund, umgerechnet 6,70 Euro, sind ihm zu wenig.
"Some give 250, some give 300 - manche geben 250, manche 300", flötet er auffordernd und legt die Hand fest um die Schulter des Touristen.
Der hat kaum eine andere Wahl, als dem Mann das Geld in der menschenleeren Anlage in die Hand zu drücken.

Ein paar Kilometer von den Pyramiden entfernt warten in den ärmlichen Ställen des Stadtteils Gizeh abgemagerte Pferde und Kamele auf Kundschaft. Sie sollen die Touristen um die Pyramiden führen. Die Wege sind dreckig, Müllberge wachsen ungehindert in den Himmel und werden abgebrannt. Plastiktüten, Coladosen, Papierreste - überall. Am Eingangstor zu den Gizeh-Pyramiden gibt es strenge Rucksackkontrollen, das Sicherheitspersonal, bewaffnet mit Maschinengewehren, guckt grimmig.

Optimistisch bleiben

Die meisten Reiseveranstalter sind überzeugt, dass sich der Tourismus in Ägypten wieder erholen wird - Optimisten gehen sogar davon aus, dass bereits in diesem Jahr das Vorrevolutionsniveau wieder erreicht wird. Vor Ort sieht das anders aus - zumindest in Kairo. Ein internationales Fünf-Sterne-Hotel an den Pyramiden wird bestreikt, in einem anderem sind hauptsächlich Libyer untergebracht, die in ägyptischen Krankenhäusern behandelt werden. Erholungsurlaub sieht anders aus.

Immerhin: Das Geschäft mit Papyrus und ägyptischem Parfüm scheint noch zu florieren. Touristen werden von Taxifahrern, die Provision kassieren, vor Museen abgesetzt, die eigentlich kleine Läden sind.
Dort werden sie regelrecht dazu gezwungen zuzugreifen. Was soll man auch machen in einem Laden mit acht Verkäufern und bloß einem Kunden?
Richtig, man kauft - reflexartig.

Sakkara

Ähnliche Situation, anderer Ort: In Sakkara, etwa 30 Kilometer vor den Toren Kairos, erstreckt sich die eindrucksvolle Begräbnisstätte der antiken Stadt Memphis. Die gewaltigen Bauten des genialen Architekten Imhotep will allerdings im Sommer 2012 niemand besuchen.


Wer sich als einziger Mensch weit und breit die altägyptische Totenstadt ansieht, der wird unweigerlich von fliegenden Händlern belagert. "Cheap, cheap", rufen sie einem entgegen. "I will tell you everything, my friend" - wer diese Worte hört, sollte wissen, was das bedeutet: Ich zeige dir hier alles - falls du auch zahlst, mein Freund.

(dpa)
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