Villepin spricht von Rücktritt Schulen in Frankreich ignorieren Anweisung zur Wiedereröffnung

Paris (rpo). Einem Pressebericht zufolge hat Frankreichs Premierminister Dominique de Villepin mit Rücktritt gedroht, sollte seine Reform zum Kündigungsschutz von Präsident Jacques Chirac gestoppt werden. Am Donnerstag entscheidet außerdem der Verfassungsrat über die Zulässigkeit des Gesetzentwurfs.

Der neue Einstellungsvertrag "CPE"
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Foto: AFP

Im Konflikt um den Kündigungsschutz haben hunderte Schulen der französischen Regierung die Stirn geboten. Mehr als fünfhundert Gymnasien blieben nach Regierungsangaben trotz einer Aufforderung, wieder zu öffnen, am Donnerstag ganz oder teilweise geschlossen.

Nach einem Votum des Verfassungsrates wurde mit Spannung die Entscheidung von Staatspräsident Jacques Chirac erwartet, der das umstrittene Gesetz zum Erstanstellungsvertrag (CPE) für ein Inkrafttreten verkünden müsste. Premierminister Dominique de Villepin soll laut einem Pressebericht dem Staatschef mit Rücktritt gedroht haben, sollte Chirac die Verkündung unterlassen und Nachbesserungen fordern.

176 Gymnasien seien vollständig geschlossen, teilte das Bildungsministerium in Paris mit. Gleichzeitig habe es Behinderungen des Betriebs an 58 Universitäten gegeben. Bildungsminister Gilles de Robien hatte für Donnerstag ein Ende der Blockaden in den Gymnasien angeordnet.

50 Schüler festgenommen

Ob dabei auch die Polizei eingesetzt würde, überließ Robien den Schulbehörden vor Ort. Die unabhängige Gewerkschaft Unsa, die auch Lehrer und Polizisten vertritt, kritisierte die "repressive" Entscheidung Robiens. Solche Maßnahmen stünden vielleicht einem Innenminister an, aber nicht einem Bildungsminister, hieß es.

In Paris wurden rund 50 Schüler festgenommen, die eine Demonstration auf der Stadtautobahn veranstaltet und damit den Verkehr um die Hauptstadt teilweise lahmgelegt hatten. Auch andernorts wurden Straßen oder Bahnhöfe von Schülern besetzt.

Am Donnerstag wurde zunächst die Entscheidung des Verfassungsrats über das Gesetz erwartet, das Mittel- und Großbetrieben die Möglichkeit gibt, bei jungen Arbeitnehmern in den ersten beiden Jahren Kündigungen ohne Grund auszusprechen.

Abgeordnete und Senatoren der oppositionellen Sozialisten hatten von den obersten Verfassungshütern aus formalen Gründen und wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot eine Überprüfung verlangt. Rechtsexperten gingen aufgrund früherer Urteile aber davon aus, dass das Gesetz bestätigt wird. Für möglich gehalten wurden aber Auslegungsmaßregeln.

"Maximal"-Drohung Villepins

Bei einer Bestätigung wäre Chirac am Zug, der sich noch in dieser Woche zu dem Konflikt äußern will. Er hat nach dem Spruch des Verfassungsrates noch neun Tage Zeit, um das Gesetz in Kraft zu setzen. Wie die Zeitung "Le Parisien" unter Berufung auf Quellen im Präsidialamt berichtete, warnte Villepin am Dienstag Chirac davor, dies nicht zu tun.

Andernfalls könne er nicht weiter "im (Regierungssitz) Matignon bleiben". Diese "Maximal"-Drohung Villepins bedeute aber noch nicht, dass Chirac das Gesetz auch tatsächlich in Kraft setzen werde, zitierte die Zeitung Vertraute des Präsidenten. Chirac wisse, dass er mit dem Schritt selbst zum Ziel der Reformgegner werde.

Villepin, dem am Mittwoch in der Nationalversammlung versehentlich das Wort "Rücktritt" herausgerutscht war, fiel in den Umfragen weiter ab. In einer Erhebung des Meinungsforschungsinsituts CSA kam der Premierminister nur noch auf 29 Prozent Zustimmung. Dies waren sieben Punkte weniger als vor einem Monat und 18 Punkte weniger als im Januar. 64 Prozent der Befragten gaben an, sie hätten kein Vertrauen mehr in den Regierungschef, "wirksam die wichtigsten Probleme des Landes anzugehen". Auch Chirac kam nur noch auf 33 Prozent - vier Punkte weniger als im Vormonat.

(afp2)
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