Deutscher vor gewagter Mission Mars-Flug ohne Wiederkehr

Robert Schröder will als erster Mensch den Mars betreten. Dass es kein Rückflugticket zur Erde gibt, stört den 27-jährigen Studenten nicht. Hier beschreibt er seine Faszination.

 So könnte eine Mars-Kolonnie aussehen. In Gewächshäusern wird Gemüse angebaut.

So könnte eine Mars-Kolonnie aussehen. In Gewächshäusern wird Gemüse angebaut.

Foto: Mars One/Bryan Versteeg/mars-one

Manchmal träume ich. Ich stelle mir vor, wie es da oben ist im Weltraum: So leer und dunkel und schwerelos. Das All übt eine enorme Faszination auf mich aus, das war schon immer so. Schon als Junge habe ich davon geträumt, als Astronaut zu den Sternen zu fliegen. Ich hätte nie gedacht, dass sich dieser Wunsch jemals erfüllen könnte.

Ich weiß noch genau, als ich einmal zelten ging, da muss ich 14 Jahre alt gewesen sein. Ich sah in den Nachthimmel und sah einen großen orangen Fleck. Als ich erkannte, dass dies der Mars war, wollte ich selbst dort hoch, um unseren Nachbarplaneten zu erforschen. Damals ein ziemlich abstraktes Ziel.

Auf einmal scheint mein Traum zum Greifen nah. Ich bin unter den letzten 100 Kandidaten für die erste bemannte Mars-Mission der Menschheit. 24 Astronauten werden am Ende ausgewählt, um als Pioniere diese großartige Reise anzutreten. 200 000 hatten sich ursprünglich beworben. Wenn alles gut geht, werde ich in neun Jahren zusammen mit drei anderen Astronauten als die ersten der 24 Auserwählten in die Rakete steigen, die uns zum Mars bringt. Es wird die längste Reise meines Lebens: Sieben Monate werden wir unterwegs sein, bis wir auf dem Nachbarplaneten landen können. Ich glaube nicht, dass uns langweilig wird, obwohl wir auf extrem engem Raum zusammenleben müssen. 20 Quadratmeter pro Person in einer Rakete für vier Leute sind nicht viel. Ich habe schon überlegt, was wir dort oben machen, während wir monatelang durchs Weltall rasen. Sicherlich viel reden, Karten spielen, Schweben, Witze erzählen. Was man halt so macht, wenn man Zeit mit Freunden zusammen verbringt. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich uns in unserer neuen Heimat, die wir bis zum Ende unseres Lebens nicht mehr verlassen werden: rote Wüstenfelder, darauf unsere Kolonie, die unser Zuhause wird. Gewächshäuser, um Gemüse anzubauen, das uns ernähren wird. Solaranlagen, die für unseren Strom sorgen. Es ist ein schöner Traum.

Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Im Herbst steht die dritte und anschließend die vierte Runde des Auswahlverfahrens an, dann beginnt die lange Ausbildung. Wir müssen lernen, wie man sich in etlichen Notfallsituationen verhält, wie man gut im Team arbeitet und wie man Streitigkeiten löst.

Klar wird es auch vorkommen, dass man sich in die Haare gerät. Aber dass wir uns ernsthaft verkrachen, darüber mache ich mir keine Sorgen. Bereits hier auf der Erde werden wir in der langen Vorbereitungsphase als Team zusammenwachsen. Die anderen Astronauten werden meine neue Familie. Mit ihnen werde ich ja dann auf dem Mars alt werden.

Ich werde oft gefragt, warum ich das alles mache. Warum ich die Strapazen auf mich nehme, einen Flug ohne Wiederkehr zur Erde zu wählen. Ich fürchte mich nicht davor, auf dem Mars oder auf der Erde zu sterben. Ich bin extrem neugierig zu sehen, was mich außerhalb der Erdatmosphäre erwartet. Ich kann mir gut vorstellen, dass es auf dem Mars mikrobiologisches Leben gibt. Was wäre das für eine Entdeckung.

Mein großer Traum ist es, auf dem Mars eine Kolonie zu errichten. Eine dauerhafte menschliche Siedlung, mehr als 200 Millionen Kilometer von der Erde entfernt unter augenscheinlich lebensfeindlichen Bedingungen: Bei durchschnittlich minus 55 Grad Celsius Lufttemperatur, mit einer super dünnen Atmosphäre, die fast nur aus Kohlenstoffdioxid und kaum aus Sauerstoff besteht. Aber technisch ist eine solche Kolonie bereits möglich. Darum sollten wir die Chance ergreifen und es wirklich tun. Es wäre eine große Ehre, den Weg für andere zu ebnen, um dort dauerhaft zu leben.

Manche glauben, dass eine menschliche Kolonie auf dem Mars keinen Sinn macht, weil unbemannte Raumschiffe mit Robotern den gleichen Job erledigen könnten. Aber das stimmt nicht. Will man einen Robotor von der Erde aus fernsteuern, hat jedes Signal 3 bis 22 Minuten Verzögerung. Menschen auf dem Mars können wesentlich effektiver und schneller forschen als jeder Roboter, und wir können instinktiv handeln.

Wenn alles nach Plan läuft, werden wir auf dem Planeten nach einigen Jahren auch Nachfahren in eine sicher geschaffene Welt setzen. Dass sie von dort unbedingt auf die Erde wollen, kann ich mir nicht vorstellen: Man vermisst ja nur, was man bereits kennengelernt hat. Andererseits: Sicherlich wird es in 30 Jahren möglich sein, vom Mars wieder zurück zur Erde zu fliegen. Davon träume ich aber nicht.

Aufgezeichnet von Sven Grest.

(RP)
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