Hoher Mängelanteil Hallen-TÜV mit erschreckendem Ergebnis

München (rpo). Vor gut vier Monaten stürzte in Bad Reichenhall das Dach einer Einhalle ein und begrub fünfzehn Menschen unter sich. In Folge dessen hat der TÜV ähnliche Hallendächer bundesweit unter die Lupe genommen. Erschreckendes Ergebnis: Die Hälfte der mehr als 200 in ganz Deutschland untersuchten Hallen zeigten relevante Mängel.

Einsturz der Eissporthalle in Bad Reichenhall
74 Bilder

Einsturz der Eissporthalle in Bad Reichenhall

74 Bilder
Foto: ddp

Das berichtete der TÜV am Donnerstag in München. Das zentrale Problem sei dabei aber nicht die Schneelast, die in Bad Reichenhall vermutlich für den Einsturz sorgte, sondern die Qualitätssicherung bei Planung, Bau und Betrieb. Besonders hoch sei der Mängelanteil bei Holzhallen mit 75 Prozent, gefolgt von Stahl- und Betonhallen mit 55 und 45 Prozent. Die Untersuchung sei allerdings nicht repräsentativ.

Der hohe Mängelanteil überraschte auch die Bautechnik-Experten, wie TÜV-Süd-Geschäftsführer Manfred Bayerlein mitteilte. "Wir haben in Deutschland zu lange die Tatsache ignoriert, dass Gebäude altern und dass wir diesen Prozess systematisch begleiten müssen."

Keine Informationen über Konstruktionen

Ein massives Problem sei, dass in 55 Prozent der untersuchten Hallen überhaupt keine Informationen über die Konstruktion vorlagen oder die Unterlagen nicht für eine Beurteilung der Statik ausreichten. "Kein Mensch weiß überhaupt, welche Schneelast wurde hier überhaupt berechnet", beklagte Bayerlein.

Während bei den untersuchten Stahl- und Betonhallen in keinem Fall Einsturzgefahr bestanden habe, hätten elf Prozent der untersuchten Holzhallen wegen akuter Einsturzgefahr sofort geschlossen werden müssen. Dies sei allerdings nicht auf Holz als Baustoff zurückzuführen, sondern darauf, dass Holz meist bei kleineren Hallen eingesetzt werde. Für diese werde oft ein wesentlich geringerer Planungsaufwand betrieben, erklärte der TÜV.

Neben den eigenen Gutachten von Hallen untersuchten die TÜV-Experten auch Berichte über bereits eingestürzte Hallen. Dabei fanden sie heraus, dass die Zahl der Einstürze unabhängig vom Alter war. Als problematisch bewerteten es die Experten, dass ein hoher Anteil der Einstürze nicht auf Schnee oder Eis, sondern auf andere Ursachen zurückzuführen war.

"Wir haben ein erhebliches Qualitätsproblem"

So sei jede vierte der betroffenen Holzhallen wegen Konstuktionsfehlern eingestürzt, 29 Prozent davon wegen Mängeln beim Material und 37 Prozent wegen Problemen im Betrieb und in der Instandhaltung der Hallen. Lediglich 16 Prozent stürzten dagegen wegen einer zu hohen Schneelast auf dem Dach ein.

"Wir haben ein erhebliches Qualitätsproblem, das den gesamten Prozess - von der Planung über den Bau bis zum Betrieb von Gebäuden - umfasst", erklärte Bayerlein. Er forderte deshalb einen "effizienten und durchgängigen Qualitätssicherungsprozess" im Baubereich.

(afp2)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort