Fotos So sieht der neue Trauerweg in Sonsbeck aus
Bereits im Vorjahr ist vor der Gerebernus-Kapelle ein Ort der Begegnung mit zahlreichen Sitzmöglichkeiten entstanden, der unter wild wuchernden Sträuchern schlummerte. Daran grenzt nun der erste Haltepunkt des Trauerwegs an: ein Trockenbachlauf, um den herum Wildblumen ausgesät werden. Auf einem der Findlinge wird noch eine Libellen-Skulptur aus Metall platziert. Sie gehört zu einer Geschichte, die einen kindgerechten Zugang zu dem Thema Tod ermöglicht und die auf einem Schild aufgeschrieben steht. Darin geht es um Wasserlarven, die darüber rätseln, wohin ihre Freunde gehen, wenn sie eines Tages die Teichoberfläche durchbrechen. Als eine der Larven selbst zur Libelle wird und in die Lüfte steigt, will sie ihren Freunden von der anderen Seite erzählen, kann aber nicht mehr zurück ins Wasser.
Im Zentrum des Friedhofs liegt nun ein Gräberfeld für ungeborene Kinder. Dafür wurde extra die Gedenkstele für die Priestergräber um einige Meter versetzt. Auf dem neuen Feld ist es Eltern möglich, ihre in der Frühschwangerschaft verstorbenen Kinder beizusetzen, deren Gewicht zum Todeszeitpunkt unter 500 Gramm liegt. Laut Bestattungsgesetz besteht erst ab einen Gewicht über 500 Gramm eine Beisetzungspflicht. Günter Hoebertz betont aber: „Das Leben ist ab dem ersten Moment gottgewollt und wertvoll.“ Anders als auf vielen anderen Gräberfeldern für in der Frühschwangerschaft verstorbene Kinder sind in Sonsbeck auch Einzelbestattungen möglich. Eine Gedenkstele trägt die Inschrift „Nimm unsere Liebe mit zu den Sternen.“ Damit sollen an dem Ort alle Eltern – unabhängig von ihrem Glauben – ihrer Kinder gedenken können.
Der Trauerweg enthält insgesamt acht Wegpunkte. Eine Rangfolge gebe es aber nicht, betont Pastor Günter Hoebertz. „Jeder trauert auf unterschiedliche Weise, deshalb sollen auch die Punkte nach eigenen Bedürfnissen genutzt und erkundet werden.“ Wem es hilft, seine Sorgen, seine Wut oder Hoffnungen ebenso wie seine Erinnerungen an die geliebten Menschen aufzuschreiben, der findet an der Klage- und Hoffnungsmauer eine Möglichkeit, die Gefühle und Gedanken „abzulegen“. Eine ähnliche Mauer wurde im vergangenen Jahr vorübergehend vor der katholischen Kirche aufgebaut, um den Menschen nach den Missbrauchsskandalen ein Ventil zu geben. Der Bezug zum Judentum sei bewusst gewählt, so Hoebertz. Getrauert werde in allen Konfessionen. Der Trauerweg soll um weitere Punkte erweitert werden. Ideen sind erwünscht.
Auf dem Trauerweg gibt es auch Bezüge nach Fernost. Bei der Zerstörung der Stadt Hiroshima durch eine Atomexplosion 1945 soll ein Ginko zwar in Flammen aufgegangen sein, im nächsten Frühjahr aber wieder ausgetrieben haben. Der Baum steht für das Überdauern von Krisen.
Die Sonsbecker Pfadfinder haben den Trauerweg um einen Gefühlschaos-Wegweiser bereichert. Jede Gruppe erstellte ein Wegschild. Zu lesen sind darauf Gefühle wie „einsam“, „zerrissen“, aber auch „hoffend“ und „liebend“. „Der Wegweiser soll keine Richtung vorgeben, sondern die Vielzahl, auch widersprüchlicher Gefühle veranschaulichen, die die Trauerbewältigung mit sich bringt“, erklärt Martina Zimmer vom Malteser Hospizdienst. Sie hatte die Idee zu dem Trauerweg.
Die Landjugend hat bereits vor einigen Jahren ein Labyrinth auf dem Friedhof angelegt, das nun in den Trauerweg eingebunden ist. Es handelt sich nicht um einen Irrweg mit Sackgassen. Der Pfad führt definitiv ans Ziel, hält aber einige Wendungen bereit. „Auch im Leben kommt man seinem Ziel – welches auch immer es sein mag – mal näher, mal entfernt man sich davon“, erklärt Hoebertz von der Idee der Pfadfinder begeistert. „Sich von seinem Ziel zu entfernen, muss nicht zwangsläufig negativ sein, sondern kann auch eine spannende, neue Perspektive auf die Dinge mit sich bringen“, ergänzt Martina Zimmer. Weitere Menschen sind eingeladen, sich mit Ideen an der Gestaltung des Trauerwegs zu beteiligen.
Direkt an der Trauerhalle ist ein Taschentuchbaum gepflanzt worden. Er trägt von April bis Juni weiße Blüten, die an im Wind flatternde Taschentücher erinnern. „Ein Symbol für die gesehenen Tränen der Trauernden“, erklärt Pastor Hoebertz. Noch ist der junge Setzling kahl. Doch er hat schon zahlreiche Knospen.
Kein offizieller Punkt des Trauerwegs, aber ein schöner Ort zum Gedenken ist der im vergangenen Jahr angelegte Gedächtniswald. Hohe Bäume, Waldpflanzen und Wasser verströmen eine beruhigende Atmosphäre. Hier sind Urnenbestattungen möglich. An Holzstelen werden die Namen der Verstorbenen angebracht.
An der Gerebernus-Kapelle ist auf Tafeln der Kreuzweg Jesu dargestellt. Er soll daran erinnern, dass sein Leiden in der Auferstehung endete, und die Hoffnung nähren, dass der Tod nicht das Ende ist.