US-Wahlkampf Wie McCain mit Bush bricht

St. Paul (RPO). John McCain hat ein Problem: George W. Bush. Der amtierende US-Präsident steht für ein Negativ-Image der republikanischen Partei, mit dem McCain schnellstens abschließen will. Beim Wahlparteitag in St. Paul machte der Präsidentschaftskandidat deshalb klar: Die Ära Bush ist vorbei - und fand dabei harte Worte.

McCains Rede auf dem Wahlparteitag
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McCains Rede auf dem Wahlparteitag

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Am Ende konnte John McCain so laut ins Mikrofon brüllen, wie er wollte, er schaffte es einfach nicht, die tosende Menge zu übertönen. Die rund 20.000 Republikaner, die sich zu seiner Rede am Ende des viertägigen Wahlparteitages im Xcel Center von St. Paul eingefunden hatten, bejubelten ihren Präsidentschaftskandidaten ekstatisch und signalisierten damit der Welt, dass sie vorbehaltlos hinter ihm in den Wahlkampf gegen Barack Obama marschieren werden.

Eine solche Geschlossenheit und spürbare Aufbruchstimmung hatte sich John McCain vor dem republikanischen Konvent nicht unbedingt erhoffen können. Die republikanische Partei galt im bisherigen Wahlkampf als zerrissen und konzeptlos.

"Die Republikaner in Washington wissen, dass sie am Ende sind", hatte noch vor wenigen Wochen der New York Times Kolumnist David Brooks geschrieben. "Und sie haben nicht die geringste Idee, was sie daran ändern sollen." Die Ära von Präsident George W. Bush hat die Partei in eine Sackgasse geführt und niemand wusste bislang so recht, wie sie dort wieder herausfindet.

John McCains Erfolg im Vorwahlkampf war jedoch bereits ein erster Wegweiser dafür, wie es mit den Republikanern weitergehen könnte. McCain, dessen Spitzname "der Maverick" ist - der Cowboy, der Einzelgänger, der Außenseiter - hatte sich damals klar von Bush distanziert.

Er forderte die Schließung des Sondergefangenenlagers in Guantanamo auf Kuba, machte sich für den Umweltschutz stark, vor allem aber setzte er die Beendigung des Lobby-Filzes in Washington ganz oben auf seine Agenda. Es schien so, als wolle McCain sich wie schon bei seiner ersten Kandidatur im Jahr 2000 frontal mit Bush anlegen. Nur diesmal mit Erfolg.

In den vergangenen Wochen bekam man hingegen den Eindruck, dass McCain doch, wie die Obama-Kampagne unermüdlich betont, als Parteianführer nur eine Neuauflage von Bush ist. McCain betonte, dass er die Steuererleichterungen für Besserverdienende, die Bush eingeführt hat, dauerhaft festschreiben wolle.

Und er gelobte, amerikanische Truppen so lange im Irak zu belassen, wie nötig, um den Konflikt siegreich zu beenden - auch wenn das noch 100 Jahre dauert. Zu allem Überfluss umgab er sich mit Protegés von Bushs altem Wahlkampfstrategen und engstem Vertrauten Karl Rove.

Der "Maverick" ist zurück

In St. Paul hingegen erlebte man wieder den "Maverick", von dem einige Medien bereits befürchtet hatten, er existiere nicht mehr: "Bringt uns den alten McCain zurück" hatte der Economist in der vergangenen Woche schon auf seinem Titel gefordert.

Bereits am Eröffnungsabend hatte McCain klar gemacht, dass er in seiner republikanischen Partei von George W. Bush möglichst nichts mehr hören und sehen will: Der Präsident bekam lediglich eine 15-minütige Zuschaltung aus Washington zugebilligt, seine Anwesenheit in St. Paul war unerwünscht. "Wir wollen schließlich, dass unser Mann gewählt wird", begründete McCains engster Berater Mark Salter dieses despektierliche Vorgehen.

Attacke gegen das "Ich-Zuerst-Washington"

In seiner Rede vom Donnerstag machte McCain dann endgültig klar, dass er einen deutlichen Bruch mit der Ära Bush anstrebt. "Lasst dies eine Warnung sein an das alte, verschwenderische, lethargische, Ich-Zuerst-Washington: Der Wandel kommt." Und damit es keinen Zweifel gab, an wen McCain sich damit gewendet hatte, fügte er an: "Ich diene keiner Partei, ich diene keiner Lobby, ich diene nur Euch, dem amerikanischen Volk."

Um die Botschaft zu unterstreichen, gelobte McCain weiterhin, mit den Demokraten zusammenzuarbeiten, um die Probleme des Landes zu lösen: "Ich strecke meine Hand jedem entgegen, der mir dabei hilft, dieses Land wieder auf Vordermann zu bringen." Wie sein Gegner Obama war McCain deutlich bemüht, sich einen grundlegenden Neubeginn auf die Fahne zu schreiben.

Seine Parteiangehörigen schienen am Donnerstag bereit, ihm diese Botschaft als eine Perspektive für die Zeit nach Bush abzukaufen. Seine politischen Gegner wollten hingegen noch nicht so recht an eine reformierte republikanische Partei glauben: "Dieses Thema des parteiübergreifenden Wandels passt überhaupt nicht zum übrigen Verlauf des Parteitages mit den vielen scharfen Attacken gegen Obama von allen Seiten", sagte der altgediente Politikreporter und Buchautor Carl Bernstein.

Peter Baker war in der New York Times ähnlich skeptisch, ob man es tatsächlich mit einer neuen republikanischen Partei unter einem geläuterten Anführer zu tun habe. Immerhin gab er jedoch zu, dass es keinen anderen Republikaner gebe, der auch nur annähernd so glaubhaft einen Neubeginn verkörpern könne wie John McCain.

(afp)
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