Von Netzer bis Neuhaus Borussia-Profis mit der Nummer 10
Die Rückennummer 10 hat einen großen Klang. Denn Pelé, Maradona und Zidane trugen sie. Borussia hat nun eine neue Nummer 10: Florian Neuhaus hat sie im Sommer 2023 von Marcus Thuram geerbt, der Borussia nach vier Jahren verlassen hat. Neuhaus reiht sich in eine Liste illustrer Namen ein, unter anderem Giovane Elber. Hier ist eine kleine Geschichte der 10 in Gladbach in nicht chronologischer Reihenfolge.
Bei Borussia wird die 10 vor allem mit einem Mann in Verbindung gebracht: Mit Günter Netzer, der Vereinsikone, dem „King vom Bökelberg“. Netzer war einer, der alles hatte, was eine 10 braucht: Er war der Spiritus Rector der Fohlenelf, der große Zampano, der Regisseur. Doch bei seinem berühmtesten Tor, dem 2:1 im Pokalfinale von 1973 gegen den 1. FC Köln, da trug er jedoch die 12. Denn Trainer Hennes Weisweiler hatte seinen Star draußen gelassen, bis Christian Kulik platt war und sich Netzer zur Verlängerung selbst einwechselte.
Christian Kulik trug die 10 in der regulären Spielzeit des Pokalfinales von 1973. Kulik ist nicht der Mann für das große Rampenlicht, das sagt er selbst von sich. Erfolgreich war er trotzdem mit Borussia, zweimal gewann er den Uefa-Cup, dreimal die Meisterschaft. 1971 erlebte er als 19-Jähriger das Büchsenwurf-Spiel gegen Inter Mailand mit und 1977 stand er mit Gladbach im Landesmeisterfinale gegen den FC Liverpool in Rom, da wurde er für Herbert Wimmer eingewechselt. Kulik machte 321 Pflichtspiele für Gladbach und schoss 58 Tore.
Einer, der in den 70ern auch die 10 trug, war Carsten Nielsen, der Däne. Von 1977 bis 1980 hatte er diese Rückennummer. Nielsen kam 1976 als Nachfolger seines Landsmannes Henning Jensen, der zu Real Madrid gewechselt war. In seiner ersten Saison spielte er nur 13 Minuten. In seiner zweiten Saison schaffte er den Durchbruch – nicht, wie geplant als Stürmer, sondern als Schaltzentrale im Mittelfeld. Herausragend spielte Nielsen am 20. Oktober 1979 im Derby beim 1. FC Köln. Der „Effzeh“ führte 3:0, doch angetrieben von Nielsen drehten die Borussen das Spiel, zwei Treffer bereitete er vor, das 4:3 erzielte er selbst. Köln glich danach noch aus und Nielsen beklagte die harte Spielweise des Gegners. 1981 wechselte er zu Racing Straßburg. Begründung: „Ich will raus aus der Bundesliga. Sie ist mir zu hart.“
Wie Nielsen trug Frank Mill drei Jahre die 10 in Gladbach. Mill war ein „Knipser“ par excellence. In 186 Pflichtspielen für Gladbach schoss der Mann, der 1981 von Rot-Weiss Essen gekommen war, 80 Tore. Eines davon hätte den Borussen fast den Pokalsieg eingebracht, führte Borussia doch durch Mills Treffer im Endspiel von 1984 gegen die Bayern bis acht Minuten vor Schluss. Dann traf Wolfgang Dremmler zum 1:1 und das Elfmeterschießen ging an die Bayern, weil unter anderem Lothar Matthäus den Ball in den Himmel statt ins Tor schoss. Auch beim bemerkenswerten 5:1 gegen Real Madrid 1985 erzielte Mill das 1:0. Das Rückspiel indes ging 0:4 verloren, wofür Manager Helmut Grashoff unter anderem den Stürmer verantwortlich machte, weil er einige Chancen nicht genutzt hatte. Am Ende der Saison verließ Mill Gladbach und spielte fortan für Dortmund.
Eine 10 war auch Igor de Camargo, wie Nielsen und Mill sogar drei Jahre lang. Der brasilianische Belgier konnte indes nie die Rolle spielen, die ihm zugedacht war. Doch er war in seiner Zeit der Mann für die wichtigen Tore. Vermutlich wären die Borussen ohne seine Treffer 2011 abgestiegen. Doch das Siegtor in Frankfurt und schließlich das legendäre 1:0 in der Nachspielzeit des ersten Relegationsspiels gegen Bochum waren die Basis der Rettung. In der folgenden Saison war sein 1:0-Siegtreffer in München der Düsenantrieb für Lucien Favres Team, das am Ende auf Rang vier landete. Mit seinem Treffer zum 2:1 in Leverkusen zwei Minuten vor Schluss animierte er nicht nur Favre zu dessen wohl längstem Jubel-Lauf in seiner Gladbach-Ära, sondern buchte damit auch das Europa-Ticket. Grob geschätzt waren diese Treffer um die 20 Millionen Euro wert für die Borussen. Mal ganz abgesehen vom unschätzbaren ideellen Wert.
Eine große 10 in Gladbach war natürlich Stefan Effenberg. Als er 1994 zurückkehrte zum Bökelberg, küsste er die schlummernde Borussia wach. 1995 führte der „Tiger“ die Gladbacher zum Pokalsieg, es ist bis heute der letzte Titel des Klubs. In der folgenden Saison wurde Borussia Vierter und zog zum zweiten Mal in Folge in den Europapokal ein. Es gab 1996 den historischen 3:2-Sieg beim FC Arsenal in London, den ersten eines Gladbacher Teams auf der Insel. 1998 hatte Borussia trotz und wegen Effenberg Probleme, am Ende eines großen Schlussspurts war es aber der lange Blonde, der mitverantwortlich war für das „Wunder von Wolfsburg“. Danach entschwand er zum zweiten Mal zu den Bayern, um mit ihnen 2001 die Champions League zu gewinnen – als Nummer 10.
Vier Jahre trugen auch Thorgan Hazard, der direkte Vorgänger von Marcus Thuram, und Peter van Houdt das Trikot mit der 10. Van Houdt schoss immerhin auch eines der wichtigsten Tore der jüngeren Gladbach-Geschichte. Sein 2:1-Siegtreffer in Bielefeld beendete in der Zweitliga-Saison ein 58 Tage währende Negativserie der Gladbacher. „Ich habe die Hoffnung, dass der Sieg Signalwirkung hat“, sagte Trainer Hans Meyer nach dem Erfolg auf der Alm. So war es. Borussia stieg am Ende der Saison auf, van Houdt trug mit zwölf Toren dazu bei.
Die 10 hatte auch Max Kruse während seiner zwei Jahre als Borusse. Er war einer der Faktoren dafür, dass die Gladbacher 2015 Dritter wurden und direkt in die Champions League einzogen. Jeweils zwei Jahre lang war die zehn auch an zwei andere große Namen vergeben: Toni Polster (1998 bis 2000) und Giovane Elber (2004 bis 2006). Während es der Österreicher, der neben Peter van Houdt und später Sascha Rösler (2007 bis 2009) einer von drei Herren war, die in Liga zwei die 10 in Gladbach trugen, zuweilen polstern ließ als Borusse, war der Brasilianer vor allem verletzt. Immerhin wurde das Trikot mit seinem Namen recht gut verkauft. Die 10 zieht halt.
Elber war der erste von drei Südamerikanern, die mit der 10 für Gladbach spielten. Ihm folgten in der Reihenfolge ihres Auftretens Federico Insúa und Raúl Bobadilla. Beide trugen die Nummer mit großer Ehrfurcht, schließlich sind sie Argentinier und in ihrer Heimat „gehört“ die 10 eben Maradona. Genützt hat es beiden nicht. Insúa, das muss man so sagen, war wohl zu gut für die Borussia jener Tage, was dazu führte, dass er oft nicht gut rüberkam auf dem Platz. Und Bobadilla war zu jung und zu wild.
Weitere Borussia, die laut dem Portal „transfermarkt.de“ die 10 trugen, waren Helmut Lausen, Horst Wohlers, Frank Schäffer, Frank Schulz, Christian Hochstätter, Stefan Ertl.