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Historischer Antisemitismus Wittenberger „Judensau“ muss nicht entfernt werden – richtig so

Meinung | Düsseldorf · Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur antisemitischen Schmähplastik an der Wittenberger Stadtkirche legt den richtigen Akzent. Solche Darstellungen zu entfernen, wäre eine oberflächliche Reaktion. Das Wichtigste würde so verhindert.

 Die umstrittene Schmähplastik an der Stadtkirche Wittenberg in Sachsen-Anhalt.

Die umstrittene Schmähplastik an der Stadtkirche Wittenberg in Sachsen-Anhalt.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Das Relief hängt in vier Metern Höhe außen an der Stadtkirche in Wittenberg. Stereotype Figuren, die Juden darstellen sollen, sind in schmähender Weise um eine Sau gruppiert, um ein Tier also, das im Judentum als unrein gilt. Es ist also keine Frage, dass die Darstellung aus dem Jahr 1290 „in Stein gemeißelter Antisemitismus ist“, wie der Bundesgerichtshof in der mündlichen Verhandlung befand. Natürlich geht es dabei um historischen Antisemitismus, doch ist der keineswegs harmlos, denn es lassen sich von dort Linien bis zum Holocaust ziehen und leider auch bis in die Gegenwart. Juden als Feinde der Christenheit darzustellen, war eine Erzählung, die dazu beigetragen hat, dass die Nazis ihnen erst die Würde absprechen und sie dann systematisch ermorden konnten. Es ist also verständlich, dass ein vor Jahrzehnten zum Judentum konvertierter Mann seine Religion und sich selbst durch die Schmähplastik an der Lutherkirche zu Wittenberg diffamiert sieht und sie am liebsten ins Museum hätte verfrachten lassen. Verbannt aus dem öffentlichen Raum hätte sie in einem anderen Umfeld durch Begleittexte keine schändliche Wirkung mehr entfalten können, so die Idee.