Reporter-Legende beendet Karriere Die besten, lustigsten und kuriosesten Momente von Béla Réthy
Er ist die Stimme des Fußballs im deutschen Fernsehen: Reporter-Legende Béla Réthy war seit dem Jahr 1986 bei allen Fußball-Weltmeisterschaften für das ZDF im Einsatz. Das WM-Halbfinale zwischen Frankreich und Marokko an diesem Mittwoch (20 Uhr/ZDF) ist sein letztes Spiel als Kommentator. Dies sind die besten, lustigsten und kuriosesten Réthy-Momente der vergangenen Jahre.
Beim WM-Finale 1986 zwischen Deutschland und Argentinien trat Béla Réthy zum ersten Mal auf großer Bühne in Erscheinung – allerdings nur am Rande. Réthy war damals 29 Jahre alt und Redakteur für Kommentator Rolf Kramer, um diesen während des Spiels mit wichtigen Informationen und Statistiken zu versorgen. Mitten im Spiel sagt Kramer wie aus dem Nichts: „73. Minute, sagt mir Béla Réthy an.“ Réthy habe damals nur gedacht: „Hoffentlich hat Mutti das jetzt gehört“.
Das größte Spiel für Béla Réthy war – so hat er es einmal gesagt – sein erstes Finale als Live-Kommentator, als das deutsche Team 1996 den EM-Titel gegen Tschechien im Londoner Wembleystadion gewann. Oliver Bierhoff erzielte damals das goldene Tor. Réthy kommentierte diesen besonderen Moment wie folgt: „Bierhoff kann sich durchsetzen. Und. Kouba. Deutschland ist Europameister. Und wieder war es Oliver Bierhoff durch das erste Golden Goal in der Fußball-Geschichte“. Seine Notizen zum Spiel las Réthy wegen technischer Probleme damals von einem auf dem Weg ins Stadion erworbenen Pizzakarton ab.
Auch das WM-Finale 2002 zwischen Deutschland und Brasilien kommentierte Béla Réthy live im TV. In Erinnerung bleibt da natürlich vor allem der folgenschwere Patzer von Oliver Kahn. Einen Schuss des Brasilianers Rivaldo in der 67. Minute lässt er nach vorne prallen, Weltstar Ronaldo bringt Brasilien in Führung. "Ein Ball, den man normalerweise halten müsste. Man muss es leider sagen: Torwartfehler! Aber ohne ihn wäre diese deutsche Mannschaft in kein Finale gekommen", kritisierte und beschwichtigte Réthy damals zugleich.
„Jamas, die Götter müssen verrückt sein“, rief Reporter-Legende Béla Réthy im Jahr 2004 in die Nacht, als Außenseiter Griechenland mit Trainer Otto Rehhagel völlig überraschend die Europameisterschaft gewann. Wenige Stunden vor dem Spiel hatte sich Réthy noch mit Rehhagel in einem Teehaus getroffen, wo ihm die Trainer-Legende seine Aufstellung für das Finale verriet.
Auch dieser Moment von Béla Réthy ging in die Fußball-Geschichte ein. Im Halbfinale bei der EM 2008 zwischen Deutschland und der Türkei fiel im ZDF über mehrere Minuten das Bild aus. Die Stimme von Réthy war aber noch zu hören. Also musste er das Spiel zunächst wie ein Radio-Reporter kommentieren. Später schaltete das ZDF das Übertragungssignal des Schweizer Fernsehens auf, das als einziges noch verfügbar war. Réthy musste die Zuschauer per Telefonleitung auf dem Laufenden halten, was zu einem Zeitversatz zwischen Bild und Ton führte.
Einen legendären verbalen Schlagabtausch lieferte sich Béla Réthy im November 2013 mit Jürgen Klopp, damals noch Trainer von Borussia Dortmund. Nach einer 1:2-Niederlage des BVB gegen Wolfsburg möchte der ZDF-Kommentator von Klopp wissen: "Ich hatte den Eindruck, dass sie gegen Spielende zweimal das Gefühl hatten, Lewandowski sei elfmeterreif gefoult worden." Klopp verzieht genervt das Gesicht und sagt: "Bela, Bela, nicht so'n Zeug fragen. Und nicht auf die Art. Gucken, sagen, was war, und nicht..." Als Réthy noch einmal nachhakt, winkt Klopp ab: "Bela... alles klar." Der BVB-Coach wendet sich dann von Réthy ab und fragt einen anderen Reporter genervt: "Du noch 'ne Frage?"
Ein weiteres großes Highlight in der Reporter-Karriere von Béla Réthy war sicherlich sein Live-Kommentar beim WM-Halbfinale von 2014, als Deutschland Brasilien mit 7:1 vom Platz fegte. Ausgerechnet Réthy, der als Kind in Brasilien gelebt hat, kommentierte dieses Sensationsspiel wie folgt im ZDF: „Deutschland führt mit 2:0. Wahnsinn!“ – „Lahm, Müller lässt durch, Kroos! Was ist denn hier los! 3:0, es ist unglaublich! 3:0, noch keine halbe Stunde gespielt.“ – „4:0 in der 26. Minute, drei Tore in drei Minuten. Phänomenal!“ – „Khedira, Özil, wieder Khediraaaaa, Wahnsinn, Waaaaaahnsinn, was geht denn hier ab!? 5:0! Deutschland – Brasilien, 5:0. Es ist wahr, Sie träumen nicht, es ist der 8. Juli 2014.“
Vier Jahre später, im Juni 2018, schied das deutsche Team in Russland bereits in der WM-Gruppenphase aus. Béla Réthy kommentierte damals das entscheidende Gruppenspiel zwischen Deutschland und Südkorea, das die damalige Löw-Elf mit 0:2 verlor. Mit seinem treffenden Satz: "Das ist hier alles keine Zeitlupe, das sind reale Bilder“, dürfte er vielen Fans aus der Seele gesprochen haben.
Béla Réthy wurde bei der gleichem WM auch für das Finale zwischen Frankreich und Kroatien als Kommentator eingesetzt. In diesem Spiel warf Réthy Frankreichs Stürmer Kylian Mbappé vor, „Neymars Schauspielschule besucht“ zu haben. Außerdem habe Paul Pogba „Quatsch im Kopf“. Am Ende wurde Frankreich Weltmeister.
Bei der EM 2021 schwieg die Reporter-Legende minutenlang, während der Däne Christian Eriksen auf dem Platz um sein Leben kämpfte. „Das war für mich emotional die härteste Übertragung“, sagte er später. Nach der Unterbrechung des Spiels musste die Reporter-Legende wieder hinter das Mikrofon. „Auf solche Situationen kann man sich nicht vorbereiten.“
Viel über die Bedeutung von Béla Réthy im deutschen Fernsehen verriet sein Interview mit Leon Goretzka vor einem Länderspiel in Wolfsburg. Der Nationalspieler reagierte damals irritiert auf die erste Frage des Journalisten und sagte: „Sorry, noch mal bitte. Ich war ehrlich gesagt abgelenkt von Ihrer Stimme, weil ich die von den Länderspielen als kleiner Junge kenne.“
Auch bei der WM 2022 durfte Béla Réthy bereits mehrere Partien für das ZDF kommentieren. Beim Traumtor von Brasilien-Angreifer Richarlison in der Gruppenphase gegen Serbien eskalierte der Reporter: „Das ist Brasilien. Das ist Kunst. Das ist Samba. Das ist Party! Ein Weltklasse-Tor von Richarlison. Da sind selbst die Brasilianer, die ja viel gewohnt sind, fassungslos...“
Als Superstar Cristiano Ronaldo nach der Niederlage im WM-Viertelfinale gegen Marokko und nach seinem damit wohl letzten WM-Spiel bittere Tränen weint, sagt Réthy: „Wir haben Tränen in Ronaldos Augen gesehen. So ein Ende hat man ihm nicht gegönnt: Schluss bei Manchester United, Ersatzspieler in seiner Nationalmannschaft, in seinem Portugal. Ein trauriges Ende eines großen Champions“
Béla Réthy ist aber auch schon immer für seine legendären Zitate bekannt. Manchmal waren seine Sprüche dabei auch unabsichtlich komisch. So kommentierte er beispielsweise eine Szene um Ex-Profi Christian Ziege (Foto) mit folgenden Worten: "Ziege ist da umgeknickt... Scheint sich um eine Schulterverletzung zu handeln“.
Auch eine Aussage von Réthy über den portugiesischen Star-Trainer José Mourinho amüsierte die Zuschauer: „Er hat sich umbenannt. In “The Happy One”. So sieht er aber gar nicht aus der fröhliche José Mourinho.“
Und auch Ex-Nationalspieler Mario Gomez bekam von der Reporter-Legende bereits sein Fett weg, nämlich mit einer doppelten Herabwürdigung: „Natürlich ist sein Image als Chancenvergeber beschädigt.“
Über Trainer-Legende Jupp Heynckes sagte Réthy einst die Fußball-Weisheit: „Für Heynckes beginnt jedes Spiel bei 0:0.“
Reichlich schmunzeln musste die Zuschauer vor den Bildschirmen auch, als Réthy nach einem gewonnenen Champions-League-Spiel der Bayern vor ein paar Jahren folgenden Satz über den 1,70 Meter großen Philipp Lahm auspackte: „Die Bayern. Eine Nummer zu groß. Auch wenn ich im Bild grad Philipp Lahm sehe.“
„Starke Ballannahme von Thomas Müller. Dem Mann ohne Muskeln“, kommentierte Réthy über den Bayern-Spieler. Aber auch diese Sätze über Müller sind legendär: „Müller, der bisher kaum zu sehen war – obwohl er sich immer gezeigt hat“ oder auch „Aber Müller steht wieder, ist hier wieder am Ball… und jetzt liegt er wieder.“
Als Jogi Löw noch Bundestrainer war und vor einem Länderspiel gegen Italien im TV eingeblendet wurde, sagte Réthy: „Jogi Löw mit einem Blick auf die Mannschaftsaufstellung. Wahrscheinlich die der Italiener – seine eigene müsste er ja wahrscheinlich kennen.“
Am 14. Dezember 2022, beim WM-Halbfinale zwischen Frankreich und Marokko (20 Uhr/ZDF), kommentiert Béla Réthy sein letztes Spiel. Für das Finale kann er nicht eingesetzt werden, da das Endspiel nicht von seinem Stammsender ZDF, sondern von der ARD übertragen wird.