Medien Uli Hoeneß - Tag drei im Steuerprozess: Pressestimmen
Die Medien haben den dritten Tag im Steuerprozess gegen Uli Hoeneß kommentiert – auch in Hinblick auf das Urteil am Donnerstag.
Stuttgarter Zeitung: "Nach nicht einmal eineinhalb Stunden beendet der Richter den dritten Verhandlungstag. Feigen tritt im Anschluss an die Absperrung, die Medienvertreter und Zuschauer von den Prozessbeteiligten trennt. Er will sich nicht noch einmal ärgern in der Nacht, sondern unerwünschten Schlagzeilen entgegenwirken. Feigen vermittelt nicht den Eindruck, als befürchte er eine Gefängnisstrafe für Hoeneß. Er erklärt noch einmal, dass eine Selbstanzeige nur dann unwirksam wird, wenn die darin eingestandene Tat bereits entdeckt war und die Angaben unvollständig sind. Den ersten Punkt hält Feigen für erledigt."
Stern: "Ganz offensichtlich ist Hoeneß' hektisch gefertigte Selbstanzeige vermurkst, da gibt es keine zwei Meinungen. Aber ist sie dadurch nichts mehr wert? Die Verteidigung hat alles auf eine Karte gesetzt. Sie kooperiert – wenn auch sehr spät – und stellt darauf ab, dass die erst jüngst berechneten gigantischen Steuerschulden im Grunde bereits in der ursprünglichen Selbstanzeige erfasst seien. Kommt sie damit durch, steht am Ende die Einstellung des Verfahrens. Folgt das Gericht der Anklage und hält die Selbstanzeige für unwirksam, bleibt angesichts der enormen Summen für Hoeneß nur Haft."
Münchner Abendzeitung: "Hopp oder top, ganz oder gar nicht, Einstellung des Verfahrens oder Gefängnisstrafe – angesichts des heute möglichen Urteils geht Uli Hoeneß im Steuerstrafverfahren gegen ihn aufs Ganze: Sein Verteidiger Hanns W. Feigen hofft weiterhin, dass sein Mandant heute den Gerichtssaal zwar mit vielen Millionen Euro Steuerschulden, aber als freier Mann verlassen kann. Dieser Optimismus erscheint zunächst angesichts der seit Montag von 3,5 Millionen auf 27 Millionen Euro gestiegenen Steuerschuld des 62-Jährigen etwas verwunderlich."
Spiegel Online: "Hoeneß' riskante Reue-Taktik. Uli Hoeneß' Verteidiger hat seinen Auftritt: Barsch weist Feigen die Argumente der Staatsanwalt zurück und setzt darauf, dass das Gericht die Selbstanzeige und die Kooperationsbereitschaft im Urteil berücksichtigt. Kann das aufgehen? Es geht hier um den zentralen Punkt dieses Verfahrens. Kann die Selbstanzeige angerechnet werden oder nicht? Juristisches Klein-Klein, Spitzfindigkeiten, Formfehler innerhalb der Bürokratie stehen seit Tagen im Vordergrund der Verhandlungen. Und es geht um gewaltige Summen."
FAZ: "Sollte das Gericht die Selbstbezichtigung akzeptieren, müsste Hoeneß nur die Steuern nachzahlen – zuzüglich 6 Prozent Säumniszinsen pro Jahr und einen Strafaufschlag von 5 Prozent. Sonst dürften die Richter die Selbstanzeige zumindest als Grund für eine mildere Strafe sehen. Eine Freiheitsstrafe kann allerdings nur dann zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn sie nicht auf mehr als zwei Jahre lautet. Bei solch hohen Hinterziehungssummen liegen aber normalerweise deutlich längere Gefängnisstrafen nahe. Nach einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs ist schon bei einem Steuerbetrug von mehr als 1 Million Euro eine Bewährung nur noch in besonderen Ausnahmefällen möglich."
Süddeutsche Zeitung: "Ulrich Hoeneß und seine Verteidigung haben die Steuerhinterziehungsschuld von 27,2 Millionen Euro eingeräumt und akzeptiert. Es ist dies eine gewaltige Summe, das sprengt die Vorstellungswelt üblicher Steuerstrafverfahren, das ruft nach einer Strafe, die spürbar ist. Was hat Hoeneß also von diesen seinen Offenbarungen? Er hat zumindest die Sicherheit, dass mit diesem Urteil alles erledigt ist: Der Deckel wird mit dem Urteil zugeschlagen; sobald das Urteil rechtskräftig wird, ist die Kiste dann quasi strafrechtlich versiegelt, auf Dauer: Alles, was diese Kiste an dubiosen Vorgängen enthält, seien sie bekannt oder unbekannt, ist mit dem rechtskräftigen Urteil abgegolten."
Berliner Zeitung: "Wenn es um die Zukunft des FC Bayern ging, war Hoeneß ein besonders emotionaler Fußballfunktionär. Wer seinem Verein zu nahe trat, der zog sich seinen unerbittlichen Zorn zu. Jetzt geht es um sein eigenes Schicksal – und der Bayern-Boss ist kaum wiederzuerkennen. Zurückhaltend und leise, betont demütig und streckenweise beinahe apathisch tritt Hoeneß in seinem Prozess um Steuerhinterziehung auf. Es scheint fast so, als lähme den 62-Jährigen die Aussicht auf das, was ihm nach dem Urteilsspruch an diesem Donnerstag möglicherweise droht: eine Gefängnisstrafe wegen der Hinterziehung von 27,2 Millionen Euro Steuern."
Bild: "Warum eigentlich kein Knast? Warum eigentlich sollte das Landgericht München dem Steuersünder das Gefängnis ersparen? Weil er mit seiner Selbstanzeige – die offenbar unvollständig und damit unwirksam ist – freiwillig in die Steuerehrlichkeit zurückkehren wollte? NEIN! Hoeneß hat sich erst den Behörden gestellt, nachdem er von seiner Bank einen Tipp bekommen haben soll, dass man ihm längst auf den Fersen sei."
taz: "Die Frage ist nun eher, ob Hoeneß einen Chaoten-Bonus oder einen Chaoten-Malus bekommt. Bei einem Manager, der drei Anwälte beschäftigt und ständig betont, dass er reinen Tisch machen will, liegt die Antwort eigentlich auf der Hand. Aber wer weiß, was in diesem Prozess noch an Be- und Entlastendem ans Licht kommt. Dank Hoeneß' rätselhafter Prozesstaktik ist die mündliche Verhandlung ja – ganz ungewöhnlich! – noch voller Überraschungen."
Die Welt: "Niemand will der Königsmörder sein! 27 Millionen Euro Steuern hat Uli Hoeneß hinterzogen. Doch im Aufsichtsrat des FC Bayern traut sich keiner, seinen Rücktritt als Präsident des Klubs zu fordern – die Angst vor den Fans ist zu groß."
Focus Online: "Im Prozess gegen Uli Hoeneß sieht es derzeit so aus, als ließe die Verteidigung den Bayern-Manager einfach in sein Schicksal laufen. Doch Hoeneß‘ Anwalt ist einer der renommiertesten Wirtschaftsanwälte Deutschlands. Unklar ist, was seine Strategie sein könnte – denn dieVerteidiger setzen konsequent und fast unbemerkt ihre Linie um."
Rhein-Neckar-Zeitung: "Statt die erst vor Kurzem eingereichten neuen Steuervergehen zu prüfen – was Monate in Anspruch nehmen würde – "einigte" man sich mit der Verteidigerseite darauf, die jetzt genannten 27 Millionen seien gesetzt. Alles andere, was sonst noch hinterzogen wurde, wird erst gar nicht hinterfragt. Diese Haltung riecht nach einem Deal. Die Kammer wird eine gute Urteilsbegründung verlesen müssen, um diesen Verdacht glaubhaft auszuräumen."
Handelsblatt: "Die große Last des Hoeneß-Richters. Der Prozess wegen Steuerhinterziehung hätte für den Bayern-Boss kaum schlechter starten können. Eine lange Haftstrafe schien unumgänglich. Seit Mittwoch aber darf Hoeneß wieder hoffen. Tatsächlich sind jetzt verschiedene Varianten möglich: Entweder das Gericht kommt über Nacht zu dem Schluss, dass die höhere Steuerschuld bereits aus der ursprünglichen Selbstanzeige hätte deutlich werden können. In einem solchen Fall läge der Fehler bei der Staatsanwaltschaft, die es innerhalb eines gesamten Jahres nicht geschafft hätte, die Daten richtig zu lesen. Die Nacherklärung wäre dann wirksam – und Hoeneß könnte sogar frei kommen."
Der Tagesspiegel: "Für den Präsidenten des FC Bayern München sah es schlecht aus, als das Gericht feststellen musste, dass er auch über die tatsächliche Höhe der hinterzogenen Steuergelder gelogen hatte. Die Aussage eines EDV-Experten scheint die entlastende Wirkung seiner Selbstanzeige zu stärken."
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