Porträt Hermann Rieger – Kult-Masseur des HSV
Wann immer es seine Zeit zulässt - oder die Gesundheit - dann ist Hermann Rieger da. Meist im Trainingsanzug, wie ein Teil des Teams. Hermann hier, Hermann da. Fans wollen sich mit ihm fotografieren lassen, kein Problem. Oder auch nur auf die Schulter klopfen und alles Gute wünschen. Ex-Spieler fallen ihm in den Arm, Funktionäre klatschen ihn ab. Hermann Rieger und der Hamburger SV bilden eine Symbiose, wie sie möglicherweise einzigartig ist im Profifußball.
Da braucht einer den Verein und dessen Umfeld, und der Verein braucht ebenso sehr ihn. "Gute Seele", das war er einmal, als er sich um Sehnen und Seelen der Spieler kümmerte, 26 Jahre lang. Aus dem Masseur wurde über die Jahre der "Kultmasseur" und nach seinem Abschied 2004 eine Identifikationsfigur, die über allen aktiven Stars und Sternchen steht.
"Er ist ein Symbol für den Verein, das nicht von Marketingabteilungen gemacht wurde, sondern das die Fans und Anhänger sich selbst gesucht haben", erklärten die organisierten Supporter, als Rieger in den Ruhestand ging. Mit einem Abschiedsspiel übrigens, zu dem sich zahlreiche aktive und ehemalige Spieler versammelt hatten. Und 20.000 Zuschauer.
Die Marketingabteilung wurde dann doch noch tätig, als das professionell entwickelte und speziell für die Bedürfnisse von Kindern gestylte Vereinsmaskottchen, ein Dino im Kindchenschema, "Hermann" genannt wurde. Rieger hat auch das toleriert. Wenn's denn dem Klub hilft, seiner Liebe. "Von Anfang an habe ich mich hier wohlgefühlt", sagte der gebürtige Oberbayer aus Mittenwald, "ich bin von den Menschen sofort nett aufgenommen worden."
Die gegenseitige Sympathie ist eher größer geworden. Die Kicker auf dem Rasen sind mittlerweile austauschbar. Umso größer ist das Bedürfnis nach Kontinuität, nach so etwas wie Treue, wie sie ja auch die Fans leben. "Außer Hermann könnt ihr alle geh'n" schallt es aus der Kurve, wenn die Mannschaft mal wieder schlecht spielt.
Seit November 2006 unterstützt Hermann Rieger die Aktion "HSV-Fans helfen kranken Kindern". Der Verein sammelt Geld- und Sachspenden für die Kinderstation des Universitätsklinikums Eppendorf in Hamburg. Rieger bringt dann schon mal persönlich Geschenke vorbei, findet auch bei den kleinen Patienten den richtigen Ton. Und es ist verbürgt, dass danach ein eingefleischter St. Pauli-Spross eine HSV-Kappe trug.
Hermann Rieger hilft, wenn er kann. Dabei braucht selber Hilfe - und bekommt sie. Die persönliche Leidensgeschichte des ehemaligen Skilehrers scheint kaum zu ertragen. Prostatakrebs, Blutvergiftung, Thrombose, Lungenembolie, zwei Tumore im Kopf. Zwischendurch starb seine Frau 2010 an Lungenkrebs. In diesem Jahr haben Ärzte einen Schatten auf der Niere entdeckt. Bei den irdischen Problemen aber erfährt er auch Hilfe von Fans. "Hermanns treue Riege" heißt der Fanklub, der ihm vor der Saison die Reise ins HSV-Trainingslager im Zillertal finanzierte. Lebensfreude im Kreise seiner HSV-Familie, Zuspruch und Aufmunterung, die Kraft geben.
Der langjährige Masseur des Hamburger Bundesligisten starb am 18. Februar 2014 nach "langer schwerer Krankheit"."In Dankbarkeit und großer Anerkennung trauert der gesamte Verein um Hermann Rieger als großartigen Menschen und langjährigen Kollegen und Freund", hieß es in dem Statement des Hamburger SV.