Ein Jahr nach rassistischem Anschlag in Hanau Sie waren keine Fremden
Hanau · Vor einem Jahr tötete Tobias Rathjen in Hanau aus rassistischen Motiven neun Menschen. Danach erschoss er seine Mutter und sich. Die Angehörigen der Opfer geben Polizei und Politik eine Mitschuld.
Newroz Duman hat Mühe, alle abgebrannten Grablichter auf einmal zu fassen. Ein halbes Dutzend der roten Gläser, die am Sockel des Hanauer Brüder-Grimm-Denkmals stehen, stapelt die junge Frau gekonnt auf ihre Arme. Sie blickt auf die Fotos der acht Männer und der einen Frau, unter denen geschrieben steht: „Die Opfer waren keine Fremden.“ Duman hat ihr Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt, telefoniert. „Nein, der Jahrestag ist erst am nächsten Freitag, aber die Leute sollen ruhig Präsenz zeigen.“ Dann macht die Traumapädagogin sich auf den Weg zum Heumarkt. Dorthin, wo der Hanauer Tobias Rathjen am späten Abend des 19. Februar 2020 seinen Mordzug begann – und wo Duman den Hinterbliebenen der Opfer Tag für Tag hilft, mit ihrer Trauer und Wut fertig zu werden.