Presse "Der Folterbericht ist ein Dokument der Schande"
Die Veröffentlichung des Senatsbericht über die Foltermethoden der CIA ist von der Presse zahlreich kommentiert worden. Ein Blick in die Meinungsspalten.
Thüringische Landeszeitung: "Willkommen im 21. Jahrhundert, liebe CIA, willkommen im 21. Jahrhundert, George W. Bush. Folter ist vorbei, Folter ist mittelalterlich, Folter ist verboten. Das ist gut so und darüber zu diskutieren eine Farce. Und 'erweiterte Befragungsmethoden' sind auch bloß Folter. Dass der Bericht nun vom US-Senat veröffentlicht wurde, ist hingegen vollkommen richtig. Die Senatoren kommen damit ihrer Kontrollfunktion gegenüber dem Präsidenten nach, wenn auch verspätet. Schließlich hatte George W. Bush dem US-Terror gegenüber den Gefangenen zugestimmt. Zudem erfüllen die Senatoren mit der Veröffentlichung ihre Informationspflicht gegenüber der Öffentlichkeit, die ein Recht darauf hat zu erfahren, wozu ihr Land imstande ist. Gewesen ist.
Barack Obama hat die umstrittenen Verhörmethoden vor sechs Jahren gänzlich verboten. In zwei Jahren stehen wieder Wahlen an. Dann wird man sich daran erinnern."
Rheinische Post: "Die lückenlose Aufarbeitung dessen, was die CIA im 'Krieg gegen den Terror' an Irrwegen beschritt, liegt im amerikanischen Interesse. Wer Gefangene foltert, verstößt gegen die Regeln des Rechtsstaats, auf die gerade die USA, oft zu Recht, stolz sind. So lautstark sich konservative Hardliner in Washington darauf berufen, dass das Ziel – die Verhinderung von Terroranschlägen – die Mittel rechtfertigt, so gründlich sind sie auf dem Holzweg. Ob Guantánamo oder Waterboarding: Wann immer die amerikanische Republik, nach eigenem Anspruch die älteste Demokratie der Welt, ihre Prinzipien missachtet, schießt sie sich ein Eigentor. Dann liefert sie islamistischen Fanatikern nur Argumente, um die nächste Generation von Fanatikern zu rekrutieren. Es gab eine Zeit, da hat der Verfassungsrechtler Barack Obama dies nicht nur in aller Schärfe erkannt, sondern es auch öffentlich so formuliert. Heute ist der Präsident an einem Punkt angelangt, an dem er seinen um Aufklärung bemühten Parteifreunden Hürden in den Weg stellt. Die vermeintlichen Zwänge des Regierenden haben die Oberhand gewonnen."
Berliner Zeitung: "Zwar weiß man schon viel über die kriminellen Verhörmethoden des Geheimdienstes CIA. Doch wenn diese Praktiken nun in einem offiziellen Dokument des US-Senats beschrieben werden, wird dies neue Wut und Proteste in den amerikafeindlichen Krisengebieten in Afrika, Asien und dem Nahen Osten auslösen. Auch deshalb ist die Veröffentlichung zwei Jahre lang verschleppt worden. Es ist Obama und der nur noch wenige Wochen währenden Mehrheit der Demokraten im Senat zu verdanken, dass der Bericht nun doch noch an die Öffentlichkeit kommt."
Handelsblatt: "Der Folterbericht ist ein Dokument der Schande. Schandhaft sind die Taten der CIA-Agenten, die folterten und in fremden Kerkern foltern ließen. Noch schandhafter aber ist die Uneinsichtigkeit derjenigen, welche die Gefangenenquälerei angeordnet und juristisch bemäntelt haben. Der staatlich sanktionierte Sadismus war ein Verrat an den amerikanischen Idealen, ein Anschlag auf die moralische Autorität des Westens. Doch Reue fehlt bei den Verantwortlichen noch immer jede Spur. Solange es denkbar ist, dass ein republikanischer Präsident ein neues Folterprogramm autorisieren würde, kann das dunkelste Kapitel der jüngeren US-Geschichte nicht als abgeschlossen gelten."
Bild: "Die Entscheidung, die brutalen Verhörmethoden der CIA vor aller Welt zu offenbaren, zerreißt die USA. Und sie zerreißt auch den, der sie getroffen hat. Obama hat den Schleier der Geheimnistuerei zerschnitten. Er hat sein Gewissen sprechen lassen. Ohne Wenn und Aber. Unter Folter wurden auch Informationen erpresst, die entscheidend waren für die Sicherheit der USA. Aber in einem Land, das für Freiheit und Menschenrechte steht, kann Folter niemals Recht sein. Obamas Schuldbekenntnis ist ein Zeichen nationaler Größe. Die Folterer werden wir verachten. Aber das Land, das sich von diesen Verbrechen lossagt, verdient die höchste Achtung. Amerikas Gewissen hat einen Sieg errungen. Wer Verantwortung für die Greuel trägt, muss zur Rechenschaft gezogen werden. Auch das ist Amerika sich schuldig."
Frankfurter Rundschau: "Es ist ignorant, dass Bush nichts bedauert, obwohl die Untersuchung klar sagt: Waterboarding und andere Grausamkeiten haben nicht nur Menschen verstümmelt, sie waren auch ungeeignet, dem Geheimdienst Informationen zu bringen, die die Vereinigten Staaten nach den Anschlägen auf das World Trade Center vor weiteren Attentaten schützen. Bushs Strategie ist nun offiziell, was sie immer war: falsch."
Neue Osnabrücker Zeitung: "Dass die USA die Demokratie und Menschenrechte verteidigen wollten, indem sie auf Instrumente von Tyrannen zurückgegriffen haben, ist als Skandal sondergleichen längst bekannt. Freunde wie Feinde wissen darüber Bescheid. Ihnen ist bekannt, dass Menschen in Geheimgefängnissen körperlich und seelisch misshandelt und Verdächtige ohne Anklage jahrelang in Gefängnissen weggesperrt wurden. Dem hat US-Präsident Barack Obama nach seinem Amtsantritt zwar einen Riegel vorgeschoben. Verantwortliche aber wurden nicht zur Rechenschaft gezogen. Das könnte sich jetzt ändern. Das moralische Erdbeben, das der Bericht auslösen wird, könnte endlich die faulen Früchte aus dem Geheimdienstgestrüpp schütteln. Nötig wäre es."
Lausitzer Rundschau: "Die lückenlose Aufarbeitung dessen, was die CIA im "Krieg gegen den Terror" an Irrwegen beschritt, liegt im amerikanischen Interesse. Wer Gefangene foltert, verstößt gegen die Regeln des Rechtsstaats, auf die gerade die Vereinigten Staaten, oft zu Recht, stolz sind. So lautstark sich konservative Hardliner in Washington darauf berufen, dass das Ziel – die Verhinderung von Terroranschlägen – die Mittel rechtfertigt, so gründlich sind sie auf dem Holzweg. Ob Guantánamo oder Waterboarding: Wann immer die amerikanische Republik, nach eigenem Anspruch die älteste Demokratie der Welt, ihre Prinzipien missachtet, schießt sie sich ein Eigentor. Dann liefert sie islamistischen Fanatikern nur Argumente, um die nächste Generation von Fanatikern zu rekrutieren. Es gab eine Zeit, da hat der Verfassungsrechtler Barack Obama dies nicht nur in aller Schärfe erkannt, sondern es auch öffentlich so formuliert. Heute ist der Präsident an einem Punkt angelangt, an dem er seinen um Aufklärung bemühten Parteifreunden Hürden in den Weg stellt. Wird der Bericht über die Quälereien in CIA-Geheimgefängnissen veröffentlicht, ist er nur noch eine Aneinanderreihung von Fragmenten, die brisantesten Stellen geschwärzt. Dass es ihn überhaupt gibt, ist nicht dem Weißen Haus zu verdanken, sondern der Hartnäckigkeit einer 81-jährigen Senatorin. Respekt, Dianne Feinstein!"
Mittelbayerische Zeitung: "Amerika macht zuweilen fürchterliche Fehler. Die Folter und Misshandlung von Gefangenen in George W. Bushs 'Krieg gegen den Terror' gehört zu diesen dunklen Kapiteln der Geschichte. Daran gibt es nichts zu beschönigen. Den Auftraggebern der brutalen Verhörmethoden ist das peinlich. Was erklärt, warum Bush nach allen Regeln der Kunst versuchte, die Veröffentlichung des Reports im US-Senat erst zu verhindern – und dann seine Schergen zu verteidigen. Da über die menschenunwürdigen Praktiken in den vergangenen Jahren schon sehr viel ans Tageslicht kam, steht das Argument auf schwachen Beinen, eine Publikation des Untersuchungsberichts gefährde amerikanische Leben. Niemand überrascht es heute mehr, dass die USA in geheimen CIA-Gefängnissen im Ausland Gefangene dem 'Waterboarding' ausgesetzt haben. Oder dass Al-Kaida-Leute in Isolationshaft mit Schlafentzug, eisiger Kälte und Schlägen gequält worden sind. All das war schon vor der Freigabe bekannt. Barack Obama hat sich davon nicht beeindrucken lassen. Die fürchterlichen Fehler der Bush-Jahre aufzuarbeiten, signalisiert das Gegenteil von Schwäche. Es zeigt die Fähigkeit zur Erneuerung und dient als Rückversicherung, dass sich so etwas im amerikanischen Namen nicht noch einmal wiederholt. Transparenz ist dabei der erste notwendige Schritt zur Aufarbeitung einer historischen Last, die dem Image der Supermacht so nachhaltig geschadet hat. Vor allem im Nahen- und Mittleren Osten. Dort stecken die IS-Terroristen amerikanische Geiseln in Anspielung auf das Gefangenenlager Guantánamo in orange Hosenanzüge."
Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Es ist richtig, dass der Bericht des amerikanischen Senats über die Foltermethoden der CIA veröffentlicht wird. Zu den Grundfesten einer Demokratie gehört die öffentliche Aufarbeitung von Skandalen und Verfehlungen. Im Fall der Vereinigten Staaten ist das besonders wichtig: Das Land, das sich auch als moralische Weltmacht versteht, wird nur mit solchen Schritten das Vertrauen zurückgewinnen, das die Regierung Bush mit diesem Teil ihres 'Kriegs gegen den Terrorismus' leichtfertig verspielt hat."
WAZ: "Auch wenn der Bericht zu den Auswüchsen des US-Geheimdienstes CIA nur einen Bruchteil dessen widerspiegelt, was nach 9/11 geschah, ist nun eines klar: Die grausame Behandlung von Terrorverdächtigen war nicht nur töricht und verwerflich. Sondern im Sinne der Gefahrenabwehr auch wertlos. Wer Menschen an den Nahtod bringt, kriegt irgendein Geständnis – aber nicht die Wahrheit. Von Präsident Bush bis zum Chef-Ermittler in den Geheim-Gefängnissen der CIA mussten alle wissen, dass Folter-Verhöre nicht akzeptabel waren. Dass sie alle Bedenken über Bord warfen und Menschen psychisch brachen, kostet die Vereinigten Staaten bis heute einen hohen Preis. Das Auftreten der USA in den Anfangsjahren des Anti-Terror-Krieges war wie eine Frischzellenkur für den globalen Dschihadismus. Es hat die Feinde Amerikas zusammengeschweißt, die Kriege in Afghanistan wie im Irak verlängert und Tausende Menschenleben gefordert. Daraus gibt es nur eine Lehre: Nie wieder!"
Rheinlandpfalz: "Dass der Geheimdienst-Ausschuss des US-Senats diese Schande aufgearbeitet hat, war überfällig und verdient Respekt. In Russland oder China wäre so etwas undenkbar. Terrorismus ist heimtückisch. Er macht ohnmächtig. Die USA sind am 11. September 2001 verwundet worden wie seit Pearl Harbor nicht mehr. Aber der Senatsbericht hat endlich die Regierung Bush Lügen gestraft: Ihre Methoden haben die Welt nicht sicherer gemacht."
Westfalen-Blatt: "Amerika macht zuweilen fürchterliche Fehler. Folter und Misshandlung von Gefangenen in George W. Bushs "Krieg gegen den Terror" gehören zu diesen dunklen Kapiteln der Geschichte. Daran gibt es nichts zu beschönigen. Den Auftraggebern der brutalen Verhörmethoden ist das peinlich. Was erklärt, warum Bush, Cheney und Co lange versuchten, die Veröffentlichung des Folterberichts zu verhindern. Niemand dürfte es überraschen, dass die USA in geheimen CIA-Gefängnissen im Ausland, Gefangene dem 'Waterboarding' ausgesetzt haben. Oder dass El-Kaida-Leute in Isolationshaft mit Schlafentzug, eisiger Kälte und Schlägen gequält worden sind. All das war schon vor der Freigabe bekannt. Unter der Führung von Barack Obama demonstrieren die USA ihre Fähigkeit zur Selbstkorrektur. Der Präsident macht nun das, was die USA von vielen anderen Ländern unterscheidet, die leugnen oder verdrängen. Transparenz ist der erste notwendige Schritt zur Aufarbeitung einer historischen Last, die dem Image der Supermacht geschadet hat. Als nächster Schritt wäre nun eine juristische Aufarbeitung fällig."
De Telegraaf (Niederlande): "Dianne Feinstein, die Vorsitzende im Geheimdienstausschuss des Senats, sagt, sie habe Zweifel gehabt hinsichtlich des Zeitpunkts der Veröffentlichung des Berichts. Die Zeiten sind unruhig und es gibt die Befürchtung, dass die Enthüllungen Öl ins Feuer gießen. Aber das hielt die 81-jährige Demokratin nicht zurück. Sie ist schlau und es ist nun mal sowieso alles Politik. Ihre Partei liegt nach der Niederlage bei den Kongresswahlen unter Feuer. Da kann ein Angriff auf die Ära von Präsident Bush mit einem kritischen Bericht nicht schaden. (...) Vieles war schon bekannt, wenngleich es neue schockierende Informationen gibt. Aber es ist kein neuer Beweis zu finden, der Bush wegen seiner Kenntnis von Folterungen in Verlegenheit bringen könnte. Vielmehr bleibt der Eindruck hängen, dass die CIA vieles vor dem Weißen Haus verschwieg."
El Pais (Spanien): "Der Bericht über die CIA-Folter ist so verheerend, wie man befürchtet hatte. Die Foltermethoden des Geheimdienstes waren nicht nur brutal, sondern auch weit verbreitet. Sie erbrachten keine wichtigen Informationen im Kampf gegen den Terror der Islamisten. Der CIA belog das Weiße Haus und den Kongress über das Ausmaß seiner Praktiken. US-Präsident Barack Obama erklärte das Programm geheimer Festnahmen und Verhöre für illegal, aber es wurde kein CIA-Beamter vor Gericht gestellt. Die USA müssen den Geheimdienst einer unabhängigen Kontrolle unterstellen. Obama hat nun einen guten Vorwand, das Lager Guantánamo endlich zu schließen."
Independent (Großbritannien): "Die wichtigste Botschaft des Senatsberichts ist die Tatsache, dass Folter kontraproduktiv ist. Auch wenn es ein brutales, zynisches oder sachliches Argument für Folter geben sollte, was nicht der Fall ist, dann hat dieser Bericht es zunichte gemacht. Die Reaktion der Bush-Regierung (von Präsident George W. Bush) auf die Anschläge vom 11. September (2001) erscheint ein ebenso großer Fehler wie der Krieg in Vietnam. Auch da wurde dessen moralische Legitimität durch Folter und Kriegsverbrechen untergraben. Die Vorsitzende des Senatsausschusses Dianne Feinstein sagte, dass die USA zumindestens irgendwann ihre Fehler eingestehe. Deprimierend ist dabei jedoch, dass die nachfolgenden US-Regierungen anscheinend nicht in der Lage waren, aus diesen Fehlern zu lernen."
Neue Zürcher Zeitung (Schweiz): "(Präsident Barack) Obama verbannte die "verstärkten Verhörmethoden" (der CIA) umgehend und hat in den letzten Jahren eine Methode entwickelt, die sowohl dem Aspekt der Erkenntnisgewinnung als auch dem Wunsch nach ordentlicher juristischer Bestrafung gerecht wird. Dabei wird ein Verdächtiger für eine begrenzte Zeit unter Kriegsrecht verhört, dann aber den zivilen Justizorganen übergeben und über seine Rechte aufgeklärt. Das Risiko besteht, dass Verdächtige das Recht zur Aussageverweigerung wahrnehmen, wenn man sie darauf aufmerksam macht. Die bisherigen Prozesse und Urteile haben gezeigt, dass die USA sich dieses Risiko leisten können. Und es ist einfacher und billiger, von nichts zu wissen, wenn auch nichts vorfiel."
Gazeta Wyborcza (Polen): "Statt die Amerikaner zu verdammen, statt zu rufen: Seht, so sind die angeblichen Verteidiger der Freiheit tatsächlich!, sollte man einen Moment innehalten und nachdenken. Ja, die Amerikaner haben schreckliche Dinge getan, und es ist keine Rechtfertigung, dass sie nach der Hysterie der Anschläge vom 11. September begangen wurden. Aber man muss ihnen zugestehen, dass ihnen – wie wohl keinem anderen Land – die Aufarbeitung der Vergangenheit gelang. Sie schafften eine Selbstreinigung, auch wenn das schmerzhaft und riskant war. Sie werden Bush und Cheney nicht vor Gericht stellen, das wäre zu schön – aber wenigstens sagen sie die ganze Wahrheit, mit allen für sie unangenehmen Einzelheiten."
La Stampa (Italien): "Foltern ist unmoralisch, unwirksam, giftig. Die Paranoia nach den Anschlägen vom 11. September 2001 setzte Giftstoffe frei, die noch immer durch den Körper der USA laufen. Die Militarisierung der Polizei, mit den Toten Brown in Ferguson und Garner in New York und die anschließenden Rassenunruhen sind die Früchte dieses Klimas."