Verhalten in der Pandemie Das Ende der Solidarität

Analyse | Düsseldorf · Im Verlauf von Pandemien nehmen die Verteilungskämpfe zu, sagen Konfliktforscher. Damit steigt die Gewaltbereitschaft. Gegensteuern kann man, indem Ängste abgebaut und Perspektiven geschaffen werden.

 Nach den Ausschreitungen in Stuttgart im Juni 2020, wurde die Polizeipräsenz in der Innenstadt verstärkt (Symbolbild).

Nach den Ausschreitungen in Stuttgart im Juni 2020, wurde die Polizeipräsenz in der Innenstadt verstärkt (Symbolbild).

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Das gesellschaftliche Klima in Deutschland wird rauer. Mit dem Andauern der Corona-Krise scheint sich eine schon zuvor in bestimmten Gruppen latent aggressive Stimmung zu verschärfen. Kaum ein Wochenende vergeht, ohne dass es wegen Verstößen gegen Hygieneregeln zu Rangeleien zwischen Polizei und Passanten kommt, die Krawalle in Frankfurt und Stuttgart markierten in dieser Hinsicht unschöne Höhepunkte. Aus Sicht von Professor Andreas Zick, Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung in Bielefeld, sind es Verteilungskonflikte, die wir gerade erleben, geboren aus der Ungewissheit, wer künftig an welchen Ressourcen teilhaben darf. „Wir wissen aus der Konfliktforschung, dass im Auslauf von Katastrophen oder Pandemien solche Verteilungskämpfe, aber auch Rassismus zunehmen“, sagt Zick. Die Angst, wirtschaftlich benachteiligt zu werden, gar auf der Strecke zu bleiben, verdränge bei vielen Menschen allmählich Werte wie Toleranz oder Mitgefühl. Auf die erste Welle der Solidarität folge in weiten Teilen der Gesellschaft eine Entsolidarisierung, eine Rückkehr zum sozialen Darwinismus – mit langfristigen Folgen für Werte und Normen.