Fotos Stadtteilserie: Wir im Barbaraviertel
Die NGZ stellt jede Woche einen Neusser Stadtteil vor - seine Menschen, seine Vorzüge sowie viele Tipps. Das Barbaraviertel bildet die 25. Folge.
Der Ort in ZahlenEinwohner insgesamt 2797
davon Frauen 1329
Einwohner unter 18 502
davon weiblich 254
Einwohner über 65 419
davon Frauen 213 Ausländer 1064
Anteil an der Bevölkerung 38 Prozent
Haushalte/Wohnungen 1502
Hartz IV-Empfänger 673
Fläche 2,50 Quadratkilometer
Bevölkerungsdichte 1119 pro Quadratkilometer
Kirchen 1 (kath.)
Schulen1
Kindergärten 2
Mein Viertel Es gibt kaum jemanden im Barbaraviertel, der Claudia Hodapp nicht kennt: Ob die Arbeiter, die morgens auf dem Weg zur Schicht noch schnell ein belegtes Brötchen mitnehmen, ob die Angestellten, die auf die U 75 warten und die Tageszeitung kaufen, oder die alten „Schlachhöfer“, die sich nachmittags auf einen Becher Kaffee bei ihr treffen. Hodapp bedient sie seit 18 Jahren in ihrem Kiosk an der Düsseldorfer Straße. „Früher hatte ich hier jeden Tag richtigen Kaffeeklatsch“, sagt sie. „Inzwischen sind die Schlachthöfer älter geworden und kommen seltener.“ Neben den kleinen Dingen des täglichen Bedarfs gibt es bei ihr auf Wunsch auch ein Stück Lebensberatung – typisch Kiosk halt. Das ist ein Stück weiter bei „Pedro“ in dessen griechischer Grillstube nicht anders. Dort sitzt man schnell in gemütlicher Bierrunde beisammen – „denn eine Kneipe gibt es ja hier nicht mehr“, sagt Pedro, der eigentlich Petrus Paspartis heißt.
Der Schlichter Wenn es darum geht, einen Streit unter Nachbarn zu schlichten, dann ist Peter Kulage zur Stelle. Der Rentner ist nämlich Schiedsmann, zuständig für Vogelsang und das Barbaraviertel. Dort hat er „relativ wenig zu tun“, sagt er. „Vieles wird schon am Telefon erledigt.“ Seine Maxime: „Wichtig ist, dass man miteinander spricht.“ Der 62-Jährige, der an der Gladbacher Straße wohnt, ist für die Aufgabe, die er seit sieben Jahren wahrnimmt, geradezu prädestiniert: In seinem Berufsleben war Kulage bei der Deutschen Telekom für das Qualitätsmanagement und damit auch für Beschwerden zuständig.
Für junge Leute Es wird Geburtstag gefeiert: Vor zwei Jahren starteten Evi Papadopoulou und ihr Bruder Nektarios die Event- und Clubbing-Location „Loft“ an der Büdericher Straße 26. Die frühere deutsche Meisterin im Taekwondo war zuerst Inhaberin einer Künstler-Agentur, wechselte dann ins Event-Geschehen. Mit Erfolg: Die 36-Jährige zieht an den Wochenenden junge Leute, vorwiegend im Alter zwischen 20 und 35 Jahren, ins Barbaraviertel, wo im schmucken „Loft“ in der Nachfolge des legendären „Tribehouse“ national und international bekannte DJs auflegen. Dort bietet die gebürtige Neusserin die ihrer Aussage nach „stärkste Soundanlage in NRW“. Nur gut, dass rundherum nur Gewerbebetriebe liegen, Lärm-Belästigung ist kein Thema. „Daher ist dieser Standort mitsamt der guten Autobahnanbindung perfekt.“
Das Theater Das Theater am Schlachthof (TAS) ist ein freies Theaterhaus an der Blücherstraße. Seit 1994 werden in der ehemaligen Lackfabrik Produktionen aus den Bereichen Schauspiel, Tanztheater, Kabarett, Konzert, Performance sowie Kinder- und Jugendtheater herausgebracht. In den vergangenen Jahren hat sich das TaS stetig weiterentwickelt und hat sich durch seine innovative Arbeit einen Namen weit über Neuss hinaus gemacht. Ein berühmtes „Kind“ aus dem Theater am Schlachthof ist die Neusser Stunksitzung – angelehnt an das Kölner Original.
Mein Wunsch Sie war die Vorkämpferin, als es darum ging, die Barbaraschule vor der Schließung zu retten: Petra Ajdarpasic. Ihr Engagement verwundert nicht, denn die Grundschule war der Hauptgrund, warum sie mit ihrer Familie vor fünf Jahren von der Bockholtstraße zur Dyckhoffstraße zog. „Mein Sohn hat motorische und Wahrnehmungs-Probleme“, sagt sie, „ er sollte erst in eine integrative Schule, aber der damalige Rektor Reich hat ihn genommen und er hat sich dort gut entwickelt.“ Heute besucht er ein Gymnasium. Am Barbaraviertel schätzt die 52-Jährige Mutter von fünf Kindern vor allem die gute Nachbarschaft. Sie wünscht sich „noch ein, zwei Geschäfte mehr und Angebote für Jugendliche“.
Wie der Ort entstand Der Ausbau des Hafens und die damit einhergehenden Industrieansiedlungen sind die Gründe für die Entstehung des Barbaraviertels. Bis um die Jahrhundertwende wurde dieses Gebiet hauptsächlich als Ackerland genutzt. Firmen ließen sich nieder und schufen für ihre Arbeiter und Angestellten Wohnraum in der Nähe ihres Arbeitsplatzes: am Hafen. Auch die Stadt trieb die Bautätigkeiten im Barbaraviertel mit großem Elan voran – sowohl durch ihre Industrie-Ansiedlungspolitik als auch durch den Bau des Schlachthofes 1904/1905, der sogleich dem ganzen Viertel seinen Namen gab. In den folgenden sieben Jahren ließen sich vierzig neue Betriebe am Schlachthof nieder – darunter große und bedeutende Werke wie Bleichert, Schraubenfabrik Fissiné, Lackfabrik Thywissen, Groove und Welter sowie die chemische Fabrik Dr. Höhn.