Eine Familie und ihr Haus Die geheime Geschichte des Düsseldorfer Standesamts
Im Standesamt an der Inselstraße heiraten die Düsseldorfer seit 1945. Das Gebäude wurde 1898 fertiggestellt – als Wohnhaus der Familie Lenzberg. Ihr trauriges Schicksal ist kaum bekannt, die Stadt Düsseldorf pflegt ihre Erinnerung bislang nicht.
Geplant hatte das prächtige Haus Josef Kleesattel, ein Stararchitekt seiner Zeit, der für das stark wachsende Düsseldorf allein neun Kirchen entwarf.
Die Fassade ist reich verziert.
Anna und Hugo Lenzberg in ihrem Garten. Sie wurden 1860 bzw. 1865 geboren und waren Juden. Sie hatten sich als Erwachsene evangelisch taufen lassen, Hugo Lenzberg wäre die preußische Beamtenkarriere als Richter sonst versperrt gewesen.
Die Familie Lenzberg machte ihr Haus zu einem kulturellen Treffpunkt. Daran erinnert eine Gedenktafel. Die Verfolgung der Familie wird nicht erwähnt.
Anna Lenzberg ist eine geborene Beer und wuchs in der Villa Franzenshöhe in Essen-Werden auf. Ihr Vater Moritz war Bankier.
Die Lenzbergs hatten zwei Kinder. Anne Marie war eine erfolgreiche Sopranistin, die viele Konzertreisen machte. Gegen eine Bühnenkarriere in einem Opernensemble hatte sich der Vater ausgesprochen. Beide, Vater und Tochter, starben an Leukämie.
Anne Marie heiratete den ungarischen Baron Zigismond von Huszar und überlebte den Krieg in Budapest.
Das Paar hatte eine Tochter, genannt Lia. Sie wurde als Kind gemalt.
Hugo und sein Sohn Karl nahmen als Soldaten am 1. Weltkrieg teil.
Karl Lenzberg mit seiner Frau Hilde nach dem Krieg in Düsseldorf. Er hatte als Psychiater gearbeitet. Die Nazis verwüsteten bei der Reichspogromnacht sein Haus an der Freiligrathstraße. Er emigrierte nach Venezuela.
Der Aufgang zur ersten Etage im heutigen Standesamt, wo sich einst fünf große Zimmer befanden.
Das schöne Treppenhaus in der ersten Etage dient vielen Paaren für Fotos nach der Zeremonie.
Im Musikzimmer der Lenzbergs standen zwei Flügel, hier gab es Konzerte.
Eines der Trauzimmer, hier befand sich vermutlich das Musikzimmer.
Das war der gelbe Salon.
Das Esszimmer der Familie lag zum Garten und ist heute das größte Trauzimmer.
Statt des Esstisches steht dort heute der Tisch der Standesbeamten.
Blick in den nachträglich geschaffenen Flur, dessen Vertäfelung der übrigen im Hause nachempfunden wurde.
Der marmorne Kamin ist heute beengter Schlussstein des Flurs.
Der weiße Salon hatte seinen Namen vom Bezug der Möbel.
Hugo Lenzberg an seinem Schreibtisch. Er war Senatspräsident am Oberlandesgericht.
Für Marita Münstermann (91) waren die Lenzbergs Familie. Sie verfügt als Zeitzeugin über viele Kenntnisse und Dokumente und kann über das Schicksal der Familie aufklären.
Hier ist Marita Münstermann als Kind mit ihrer Patentante Anna Lenzberg zu sehen.
Im Garten des heutigen Standesamts standen laut Marita Münstermann drei Figuren, die als Allegorien Frühling, Sommer und Herbst darstellen. Da die Stadt das Haus von der Familie im Stile eines Zwangsverkaufs erwarb, fanden sie später den Weg ins Stadtmuseum, wo sie heute im Palais Spee zu bewunden sind.
Das Grab der Familie Lenzberg auf dem Nordfriedhof hat Arno Breker gestaltet, als Hugo Lenzberg 1932 starb. Die Lenzbergs hatten Breker als jungen aufstrebenden Künstler sehr gefördert. Als Anna Lenzberg ins KZ gebracht werden sollte, soll er für sie jedoch keinen Finger gerührt haben.
Zumindest bildlich ist Anna Lenzberg wieder zu Hause und wacht über die Eheschließungen im größten Trauzimmer. Marita Münstermann hat das Gemälde der Stadt überlassen.