Fotos Robert Enke - was war er für ein Mensch?
Der deutsche Nationaltorhüter Robert Enke hat sich das Leben genommen. Er litt unter schweren Depressionen. Nach außen hin wirkte er stark. Eine Fassade, wie sich jetzt auf tragische Art zeigt.
In der Öffentlichkeit herrschte nach Enkes Tod Fassungslosigkeit. Enke? Selbstmord? Doch nicht Enke! Der 32-Jährige galt als selbstbewusst, klug und bodenständig.
Auch sein Umgang mit seinem härtesten Schicksalsschlag wurde ihm als Stärke ausgelegt. Nach dem Tod seiner erst zweijährigen Tochter Lara im Herbst 2006 stand er ohne zu pausieren wieder im Tor seines Vereins Hannover 96.
„Man kann es nicht ändern. Man muss sich mit einer Verletzung abfinden, man muss sich damit abfinden, wenn man ein Spiel verliert, und man muss sich damit abfinden, wenn man ein Kind bekommt, das schwer krank ist und stirbt“, sagte Enke damals.
Nicht nur dieses Zitat belegt: Enke war ein Kämpfer. Auch in seinem Beruf als Torhüter musste der Fußballspieler immer wieder Nackenschläge verkraften. Und immer wieder stand er auf. Verletzungen und Krisen schienen ihn nur noch besser zu machen.
Enke spielt sich mit konstant guten Leistungen in die DFB-Auswahl, nimmt an der Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz teil. Bundestrainer Jogi Löw sieht in ihm den Mann für die WM 2010 in Südafrika.
Sein Spiel gleicht seinem Wesen. Unspektakulär, hochkonzentriert, überlegt. Er ist das exakte Gegenteil von Oliver Kahn oder Jens Lehmann. Die Show-Attitüde war ihm fremd.
Gerade deswegen schätzten ihn Fachleute und der Trainerstab des DFB umso mehr. Oliver Bierhoff beschrieb Enke als einen Profi von großer Kraft und Ausstrahlung auf das Team Bei den Kollegen war er beliebt. Sein Inneres verbarg er vor ihnen.
Enke war ein untypischer Fußball-Profi. "Der ist klar, der ist wach", sagt der ZDF-Reporter Boris Büchler über ihn. Enke habe sich Gedanken gemacht, sei belesen gewesen, gereist und ins Theater gegangen. "Ein Ausnahmefußballer." Doch Enke trägt die Vergangenheit mit sich. An seinem rechten Unterarm ist der Schriftzug "Lara" eintätowiert, der Name seiner verstorbenen Tochter.
Seine Krankheit verbirgt er vor der Öffentlichkeit ebenso wie vor den Kollegen. Ein Journalist, der ihn gut kannte, sagte rückblickend auf zahlreiche Interviews mit Enke: "Ich hatte immer den Eindruck, er hat ein großes Selbstbewusstsein." Und korrigierte nach kurzem Zögern: "Das habe ich zumindest immer gedacht."
Wie nun erst nach seinem Tod bekannt wurde, litt Enke jedoch bereits seit Jahren unter Versagensängsten. Seine sportlich schwerste Zeit, als ihn der FC Barcelona und Fenerbahce Istanbul auf die Bank verbannten, war für ihn auch seelisch eine schwere Belastung. 2003 begab er sich in Köln in psychotherapeutische Behandlung.
Enke fand wieder die Balance. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland begann bei Hannover 96 seine wohl glücklichste Zeit. Es sei eine Phase seines Lebens gewesen, in der alles wie von alleine gelaufen sei, wird er später einmal dazu sagen.
Enke engagierte sich für Tiere. Für die Türschutzorganisation Peta stellte er sich für eine Kampagne gegen Tierquälerei zur Verfügung. Auf seinem kleinen Bauernhof nördlich von Hannover lebten er und seine Familie mit neun Hunden, zwei Katzen und einem Pferd.
Im Herbst 2009 kommt es zum Rückfall. Die Depressionen sind wieder da. Offenbar schwerer denn je. Noch am Tag seines Todes soll Enke eine stationäre Behandlung abgelehnt haben. Am 10. November 2009 warf er sich vor einen Zug. Der Unglücksort liegt nur wenige hundert Meter entfernt vom Grab seiner Tochter.