Historiker Heinrich August Winkler im Interview „Wer sich die Nationalstaaten wegwünscht, der wünscht sich im Grunde Europa weg“

Berlin · Der Berliner Historiker plädiert für Ehrlichkeit in der Europapolitik – was die Ziele angeht, aber auch in der Bewertung etwa von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Das Streben nach einer europäischen Republik, die die heutigen Nationalstaaten ablöst, hält er für einen gefährlichen Ausdruck deutscher Überheblichkeit.

 Europafähnchen bei einer „Pulse of Europe“-Kundgebung in Dresden im April.

Europafähnchen bei einer „Pulse of Europe“-Kundgebung in Dresden im April.

Foto: dpa/Daniel Schäfer

Wer Auskunft sucht über „den Westen“, also unsere historische, politische und kulturelle Lebensumgebung, der muss Heinrich August Winkler fragen. Seine vierbändige „Geschichte des Westens“ ist schnell zum Standardwerk geworden; Winkler blickt aber nicht nur zurück, sondern ist ein kritischer Beobachter der Gegenwart. Das gilt etwa für die aktuelle Europapolitik. Winkler hält zum Beispiel nicht viel davon, Tränen über das Scheitern der Spitzenkandidaten Weber und Timmermans zu vergießen.