Vor dem Deutschland-Spiel Was Sie als Arbeitnehmer während der WM beachten sollten

Düsseldorf · Wenn Deutschland am Mittwoch um 16 Uhr gegen Südkorea um den Achtelfinal-Einzug kämpft, müssen viele Fans noch arbeiten. Ist es trotzdem erlaubt, das Spiel im Büro zu gucken? Und darf man im DFB-Dress zur Arbeit erscheinen?

 WM-Stimmung am Arbeitsplatz ist erst einmal nicht verboten – wer im Büro Fußball schauen will, braucht dazu aber die ausdrückliche Erlaubnis vom Chef.

WM-Stimmung am Arbeitsplatz ist erst einmal nicht verboten – wer im Büro Fußball schauen will, braucht dazu aber die ausdrückliche Erlaubnis vom Chef.

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Es wird bereits gemunkelt, dass in manchen Unternehmen und Behörden die Internetgeschwindigkeit stark gesunken ist, seitdem die WM angefangen hat. Seit Jahren hält sich auch hartnäckig das Gerücht, dass während einer WM oder EM die Krankheitszeiten vieler Arbeitnehmer drastisch zunehmen. Christiane Schönbohm, Richterin und Pressesprecherin des Arbeitsgerichts in Düsseldorf, kann dies zwar nur bedingt bestätigen, „aber ab und an spielt eine WM auch mal bei den Gerichten eine Rolle.“

Das Landesarbeitsgericht (LAG) München durfte sich zum Beispiel 2008 mit einem Fall beschäftigen, bei dem ein Arbeitgeber seinem Angestellten die Zahlung einer Prämie verweigerte, weil dieser während der WM 2006 auffällig viele Krankheitszeiten anhäufte. Auch beim LAG Rheinland-Pfalz spielte 2009 die WM 2006 eine Rolle. In diesem Verfahren ging es darum, dass ein Arbeitnehmer, der im Schichtdienst arbeitet, seine Arbeitsunfähigkeit angedroht haben soll, als er hörte, dass er während des WM-Finals arbeiten müsse.

Aufatmen können Arbeitnehmer aber zumindest laut einer aktuellen Umfrage der Universität Hohenheim. Demnach wollen zwei Drittel (67 Prozent) der Arbeitgeber den Blick auf die Spielergebnisse während der Arbeitszeit tolerieren. Einige arbeitsrechtliche Fragen während der WM im Überblick:

Ist es erlaubt, WM-Spiele über den Dienst-PC zu verfolgen?

Auch wenn viele Chefs ihren Mitarbeitern während der WM zugestehen, die deutschen Spiele während der Arbeitszeit schauen zu dürfen: Selbstverständlich ist das keineswegs. Denn aus arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten ist die Sachlage dahingehend eindeutig. Ohne ausdrückliche Erlaubnis des Chefs dürfen die Spiele nicht während der Arbeitszeit geschaut werden. „Arbeitnehmer sollten deshalb vorher zwingend Rücksprache mit ihrem Chef halten“, rät Schönbohm. „Denn heimliches WM-Gucken am Arbeitsplatz kann einen schwerwiegenden Pflichtverstoß darstellen und wegen Arbeitszeitbetrug durchaus eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Arbeitgeber haben einen Anspruch darauf, dass Arbeitnehmer während der Arbeitszeit auch der vertraglich vereinbarten Tätigkeit nachgehen.“

Dürfen die Spiele per Liveticker mit dem Smartphone oder Radio verfolgt werden?

„Grundsätzlich spricht nichts dagegen, während des Spiels ab und an mal einen Blick in den Liveticker zu werfen“ sagt Schönbohm. Wichtig sei aber auch hier, das Maß zu wahren. Auch Radio hören kann gegebenenfalls erlaubt sein. „Das hängt aber natürlich immer auch von der Tätigkeit ab“, sagt die 49-Jährige. Folgt zum Beispiel ein Pförtner während der Arbeitszeit dem Radiokommentator, ist dies grundsätzlich weniger problematisch als bei Arbeitnehmern mit Kundenkontakt.

Dürfen Arbeitnehmer im Trikot zur Arbeit kommen?

Prinzipiell ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Mitarbeiter im Nationalmannschafts-Dress zur Arbeit kommen. „Zumindest solange der Betriebsfrieden dadurch nicht gestört wird“, sagt die Juristin. Auch hier gilt wieder: Bei einem Mitarbeiter mit Kundenkontakt kann das Tragen eines DFB-Trikots zum Beispiel durchaus störend sein und vom Chef verboten werden. Abzuwägen ist grundsätzlich immer zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und dem betrieblichen Interesse.

Verboten ist hingegen, wenn Arbeitgeber zum Beispiel  Deutschland-Fanartikel am Arbeitsplatz erlauben, die anderer Länder jedoch ausschließen. „In solchen Fällen käme es regelmäßig zu einer Grundrechtskollision der Arbeitnehmer. Wenn also Verbote ausgesprochen werden, müssen sie auch für alle Länder oder Mannschaften gelten“, erklärt die Juristin.

Dürfen Arbeitnehmer auf die Pause verzichten, um zum WM-Gucken früher nach Hause gehen zu können?

Nein, das ist grundsätzlich nicht erlaubt. „Arbeitnehmer sind angehalten, ihre Pausen auch zu nehmen“, sagt Schönbohm. Etwas anderes gelte auch in diesem Fall nur, wenn vorher mit dem Arbeitgeber eine entsprechende Vereinbarung getroffen wurde. Wenn der Arbeitgeber die Verkürzung von Pausen gestattet, hat zwar der Arbeitnehmer kein Problem mehr, „wohl aber der Arbeitgeber, der Ärger mit der Bezirksregierung bekommen kann, die wiederum Aufsichtsbehörde für die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes durch Arbeitgeber ist“, merkt die Richterin an.

Dürfen Mitarbeiter im Außendienst Fähnchen am Auto befestigen?

Wenn das Auto ein Dienstwagen ist, handelt es sich bei diesem um ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestelltes Arbeitsmittel. „Und dann kann der Chef auch durchaus bestimmen, welche Deko an dem Auto erlaubt und welche verboten ist“, erläutert die Düsseldorfer Richterin. Gehört das Auto hingegen dem Mitarbeiter, ist erneut zwischen dessen Persönlichkeitsrecht und dem betrieblichen Interesse abzuwägen.

Sind beim bürointernen Tippspiel, besondere Regeln zu beachten?

Dies kann beispielsweise davon abhängen, ob eine private (Internet-)Nutzung über den Dienstrechner während der Arbeitszeit erlaubt ist. „Ist dies nicht gestattet, darf auch ein bürointernes Tippspiel nicht über diesen organisiert und aktualisiert werden“, erklärt Schönbohm.

Müssen Arbeitnehmer an einem firmeninternen Public-Viewing teilnehmen?

Wenn ein firmeninternes Public-Viewing als dienstliche Veranstaltung zu qualifizieren ist, gelten die gleichen Regeln wie bei einem Betriebsausflug: Arbeitnehmer sind zwar nicht verpflichtet, daran teilzunehmen. „Wer verzichtet, kann sich aber auch nicht über zusätzliche Freizeit freuen, sondern muss seiner normalen Tätigkeit nachgehen“, stellt die Arbeitsrechtlerin klar.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort