Zolgensma Teuerste Arznei soll vorerst gratis sein

Düsseldorf · Bundesgesundheitsminister Jens Spahn fordert den Pharmahersteller Novartis auf, das Medikament Zolgensma kurzfristig kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Arznei kostet rund zwei Millionen Euro und soll gegen Muskelschwund helfen.

Zolgensma: Teuerste Arznei soll vorerst gratis sein
Foto: AP/Novartis

Das Bundesgesundheitsministerium hat den Pharmakonzern Novartis aufgerufen, das zwei Millionen Euro teure Medikament Zolgensma bis zu einer Zulassung für Deutschland kostenlos abzugeben. Die Arznei wird bei Muskelschwund eingesetzt und ist bisher nur in den USA zugelassen. Hierzulande wurde sie in mindestens zwei Fällen auf Kassenkosten verabreicht. Das Ministerium begrüße es, wenn das Unternehmen für bis zu zweijährige Kinder kurzfristig ein sogenanntes Härtefallprogramm dafür in Betracht ziehe, heißt es in einem Schreiben an Novartis. Dies würde das Anliegen unterstützen, Verunsicherung bei Familien in schwieriger Situation zu lindern. Zuerst hatte die Deutsche Presse-Agentur berichtet.

Der Schweizer Pharmahersteller kann selbst entscheiden, ob er ein solches Härtefallprogramm auflegt. In einer Stellungnahme teilte Novartis mit, man arbeite an einem Vorschlag für ein internationales Programm. „Die Ausgestaltung wird eine gewisse Vorbereitungszeit in Anspruch nehmen. Bei unseren Gesprächen mit den Vertretern der Kassen in Deutschland haben wir über mögliche Lösungen gesprochen und weitere Gespräche angeboten, um eine gemeinsame Lösung für Deutschland zu finden“, so das Unternehmen.

Zolgensma gilt derzeit als das teuerste Medikament der Welt. Eine einmalige Dosis soll Kindern mit einer schweren Form der spinalen Muskelatrophie helfen. Mit dieser seltenen Erkrankung kommt etwa eines von 10.000 Neugeborenen auf die Welt. Die Krankenkassen drangen zuletzt auf ein Härtefallprogramm. Hierzulande müsste Novartis dann die Kosten übernehmen und nicht die Krankenkassen.

Laut dem sogenannten Nikolaus-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 müssen die Krankenkassen neue, auch nicht zugelassene Therapien bezahlen, wenn der gesetzlich Versicherte an einer „lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung“ leidet und eine „nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht“. Dies gilt jedoch nur, wenn „eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht“. Die Lebenserwartung bei spinaler Muskelatrophie liegt beim Typ 1 bei zwei bis fünf Jahren, bei Typ 2 bei zehn bis 20.

Die Krankenkassen stellen den medizinischen Zusatznutzen von Zolgensma infrage. Zum jetzigen Zeitpunkt lägen keine wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber vor, ob Zolgensma wirksamer ist, als das bereits in Deutschland zur Therapie der spinalen Muskelatrophie zugelassene Medikament Spinraza, teilte etwa die AOK Rheinland/Hamburg mit. Spinraza muss allerdings alle vier Monate ein Leben lang verabreicht werden und kostet 300.000 Euro jährlich.

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