Nachgebessert Schäuble schont Firmenerben

Berlin · Der Finanzminister bessert die geplante Erbschaftsteuer-Reform nach und kommt Familienunternehmern entgegen. Firmenerben sollen wählen, ob sie ihr Privatvermögen offenlegen. Jene von Kleinfirmen bleiben weiter steuerfrei.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kommt den großen Familienunternehmen bei der Erbschaftsteuer entgegen. Die geplante Einbeziehung des Privatvermögens von Firmenerben wird nach dem gestern von Schäuble vorgelegten Gesetzentwurf zur Reform der Erbschaftsteuer abgeschwächt. Für vermögende Erben will Schäuble ein Wahlrecht einführen, das es ihnen ermöglicht, die Einbeziehung des Privatvermögens im Einzelfall zu begrenzen. Auch für Kleinstfirmen werden die Verschonungsregeln gegenüber ersten Plänen weniger streng ausfallen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte Ende 2014 schärfere Regeln für die Begünstigung von Firmenerben gefordert, weil diese gegenüber Erben von Privatvermögen bisher privilegiert werden. Die Karlsruher Richter forderten etwa, dass bei größeren Unternehmen Firmenerben künftig nur noch dann verschont werden dürfen, wenn sie in einer so genannten "Bedürfnisprüfung" nachweisen, dass sie die Steuer nicht verkraften. Das Gericht anerkannte grundsätzlich die bisherigen Verschonungsregeln, wonach Firmenerben 85 Prozent der Erbschaftsteuer erlassen werden kann, wenn sie den Betrieb mindestens fünf Jahre lang fortführen und Arbeitsplätze erhalten. Besteht der Betrieb mindestens sieben Jahre fort, können Erben sogar komplett steuerfrei bleiben.

Künftig sollen diese Verschonungsregeln für größere Unternehmen aber nur gelten, wenn sie ihre Bedürftigkeit nachgewiesen haben. Ab welcher Größe eines Erbfalls diese Bedürfnisprüfung anfällt, regelt Schäuble in seinem Gesetzentwurf. Demnach belässt es Schäuble zwar bei der umstrittenen Freigrenze von 20 Millionen Euro je Erbfall. Ab dieser Grenze müssen Erben also nachweisen, dass sie verschont werden müssen. Nach dem Referentenentwurf erhöht sich aber diese Prüfschwelle auf 40 Millionen Euro, "wenn bestimmte qualitative Merkmale in den Gesellschaftsverträgen oder Satzungen vorliegen". Gemeint sind Kapitalbindungen für Eigner wie Ausschüttungsverbote.

Und noch wichtiger: Bei der Bedürfnisprüfung soll zwar (wie bisher geplant) die Hälfte des Privatvermögens des Erben herangezogen werden. Neu ist eine Wahlmöglichkeit: Wer die Einbeziehung des Privatvermögens nicht will, kann auf ein Abschmelzmodell zurückgreifen. Bei wachsendem Unternehmensvermögen muss dabei ein immer größerer Teil des Betriebsvermögens versteuert werden.

Kleinstfirmen mit bis zu drei Mitarbeitern können dem Entwurf zufolge weiterhin komplett steuerfrei bleiben, ohne dem Finanzamt im Einzelnen nachweisen zu müssen, ob sie nach dem Übergang Arbeitsplätze erhalten haben. Bei Betrieben mit vier bis zehn Mitarbeitern soll es flexible Lösungen geben.

Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, sprach von einem "herben Schlag" und nannte den Entwurf enttäuschend. Er verwies auf die Einbeziehung des Privatvermögens. Aus Sicht der Stiftung Familienunternehmen berücksichtigt der Entwurf immerhin, dass eine Verschonung jenseits von 100 Millionen Übertragungswert grundsätzlich möglich ist. Schäuble setze das Karlsruher Urteil aber zu eng um. Die SPD-Finanzpolitikerin Cansel Kiziltepe sagte, "der Entwurf geht an vielen Stellen in die richtige Richtung". Grünen-Politikerin Lisa Paus kritisierte dagegen, "Schäubles Entwurf ist eine gute Nachricht für die reichsten Unternehmerfamilien in Deutschland, aber eine schlechte Nachricht für die Mittelschicht".

(mar)
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