Ölpreis und Rubel im Keller Russland stürzt ab - droht Putin jetzt die Pleite?

Jahrelang strotzte Russland dank seiner Energiereserven vor Kraft. Nun jagt eine Hiobsbotschaft die nächste. Der um 40 Prozent gefallene Ölpreis und die Sanktionen des Westens haben das Land in die Krise gestürzt. Die Finanzmärkte spielen bereits die Pleite durch. Nur der Rubel-Absturz hilft.

 Russlands Präsident Putin muss angesichts der verheerenden Wirtschaftsdaten sparen.

Russlands Präsident Putin muss angesichts der verheerenden Wirtschaftsdaten sparen.

Foto: dpa, of lb

Russland taumelt. Im krassen Gegensatz zu Putins militärischen Muskelspielen schwindet der russischen Wirtschaft zusehends die Kraft, längst haben auch die russischen Bürger darunter zu leiden.

Mehrere Faktoren ziehen Putins Reich nach unten.

Harte Sanktionen

Die westlichen Sanktionen treiben das Kapital außer Landes und erhöhen die laufenden Kosten für die Industrie. Verluste von 40 Milliarden Euro in diesem Jahr beklagt das Riesenreich. Verbraucher zahlen die Zeche mit höheren Preisen, schlechterer Qualität, geringerer Auswahl.

Ölpreis im Keller

Ähnlich heftig trifft das Kreml-Reich der Absturz des Ölpreises. Fast jeder zweite Rubel der Staatseinnahmen stammt aus dem Ölexport. Doch der Kurs ist seit Jahresbeginn um bis zu 40 Prozent gefallen. Entsprechend knapper fielen die Einnahmen aus.

Der Rohölpreis hatte am Montag den tiefsten Stand seit fünf Jahren erreicht. Bedingt durch neue Technologien herrscht auf dem Markt ein Überangebot. Das hat die Preise in den Keller fallen lassen. Und Besserung ist nicht in Sicht. Der Chef des größten staatlichen Ölkonzerns Rosneft, Igor Setschin, meinte, dass der Preis noch bis auf 60 Dollar sinken könnte. Er erwartet erst in der zweiten Hälfte 2015 einen Anstieg.

Rezession

Jetzt muss der Kreml mit jährlichen Verlusten von bis zu 100 Milliarden Euro kalkulieren. Hinzu kommt eine Kapitalflucht von rund 125 Milliarden US-Dollar für 2014 und die Aussicht, im kommenden Jahr abermals 90 Milliarden einzubüßen. Das fehlende Kapital bringt die Rohstoffmacht an den Abgrund.

Am Dienstag räumte das Wirtschaftsministerium erstmals ein, dass für 2015 mit einer Rezession zu rechnen sei. 2015 dürfte die russische Wirtschaftsleistung um 0,8 Prozent abnehmen, sagte der stellvertretende Wirtschaftsminister Alexej Wedew Agenturen zufolge. Zuvor hatte die Regierung noch ein Wachstum von 1,2 Prozent erwartet.

Rubel im steilen Fall

Zeitgleich erlebt der Rubel einen historischen Absturz. Ende November verlor er binnen weniger Tage zehn Prozent an Wert. In den ersten Dezember-Tagen beschleunigte sich die Talfahrt noch, allein am Montag verlor der Rubel bis zu sechs Prozent.

Am Mittwoch mussten mit 54,3244 Rubel zeitweise soviel wie nie zuvor für einen US-Dollar gezahlt werden. Die russische Notenbank versucht, den Kurssturz durch den Verkauf von Devisen im Wert von 700 Millionen US-Dollar zu bremsen. Auch das belastet die russische Wirtschaft, insbesondere den Finanzsektor. Banken und Unternehmen bekommen Probleme, ihre Auslandsschulden zu bedienen.

Vorerst aber hat der Rubel seinen Sinkflug am Mittwoch gestoppt. Zuvor hatte die russische Notenbank erstmals seit einem Monat eingegriffen, um den Verfall aufzuhalten.

Finanzmärkte spielen die Pleite durch

An den Finanzmärkten geht schon seit Wochen das Szenario einer russischen Pleite um. In Zahlen lässt sich das an den Preisen für Versicherungspapiere ablesen, mit denen Investoren sich gegen eine mögliche Staatspleite des Riesenreiches absichern. Die waren Anfang der Woche gefragt wie nie. Die Absicherung eines zehn Millionen Dollar schweren Pakets russischer Anleihen gegen Zahlungsausfall verteuerte sich um 24.000 Dollar auf 340.000 Dollar und erreichte damit ein Fünf-Jahres-Hoch, berichtete das Magazin "Focus". Ratingagenturen drohen bereits mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit auf Ramsch-Niveau.

Die Krise hat inzwischen auch den Kreml erreicht. Die russische Regierung beginnt zu sparen. Am deutlichsten zeigte sich das zuletzt, als Putin beim Besuch in der Türkei auf spektakuläre Weise den Bau der South Stream Pipeline kassierte. Aber auch andere Prestigeobjekte wie die Satellitenprojekte der Raumfahrtbehörde sind auf Eis gelegt.

Zwei Krisen gleichen sich kurzfristig aus

Eine Staatspleite wie sie bereits durch die Finanzmärkte geistert zeichnet sich bisher allerdings nicht wirklich ab. Die Schuldenquote Russlands liegt bei 12 Prozent — eine solide Größenordnung weit unterhalb der Quoten südeuropäischer Schuldenländer wie Griechenland oder Portugal, wenn auch alles andere als eine Garantie gegen den Bankrott. Doch noch kann Russland zu relativ geringen eigenen Kosten Öl verkaufen. Schon die Finanzkrise 2009 hat das Land durch seine reichen Energieschätze so überstehen können. Langfristig wird das allerdings nicht reichen.

Außerdem verhilft in diesen Wochen paradoxerweise der Verfall des Rubel den Russen über das Gröbste hinweg. Zwar bekommen sie auf dem internationalen Markt weniger Dollar für das Barrel Rohöl. Doch da ein Dollar durch den Kursverfall deutlich mehr Rubel einspielt, gleicht sich das für den Staatshaushalt nahezu aus. Importe verteuern sich allerdings, die Russen bemühen sich daher, sich selbst so weit wie möglich zu helfen.

Düstere Vorzeichen

Vorerst hängt Russlands Gesundheit aber am Auf und Ab des Ölpreises und der wirtschaftlichen Gesamtlage. Die Vorzeichen sind eher düster. So gilt Experten die Abwertung des Rubel nicht nur als Folge der aktuellen Turbulenzen, sondern auch als Ausdruck eines schwindenden Vertrauens in die Leistungsfähigkeit der russischen Wirtschaft. Ökonomen vermissen überfällige Reformen, Investoren verlieren das Interesse. Tatsächlich hat der Sinkflug des Rubel schon im Sommer 2013 begonnen. Damals aber lag der Ölpreis noch bei 100 Dollar und in Kiew regierte noch ein gewisser Viktor Janukowitsch.

(pst)
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