Kolumne Der Ökonom Der Freihandel auf der Anklagebank

Düsseldorf · Trumps Handelskrieg findet Beifall bei benachteiligten US-Arbeitern. Wer den Freihandel will, muss den Verlierern eine Kompensation anbieten.

 Ein Güterzug mit Waren aus Hamburg, der in Xian im Nordwesten Chinas entladen wird. Die USA unter Präsident Donald Trump und China befindet sich derzeit in einem Handelskrieg, der seine Gründe auch in Versäumnissen von Trumps Vorgängern hat.

Ein Güterzug mit Waren aus Hamburg, der in Xian im Nordwesten Chinas entladen wird. Die USA unter Präsident Donald Trump und China befindet sich derzeit in einem Handelskrieg, der seine Gründe auch in Versäumnissen von Trumps Vorgängern hat.

Foto: dpa/Li Yibo

Seit Beginn der klassischen Volkswirtschaftstheorie ist unter den meisten Ökonomen unstrittig, dass Freihandel allen Beteiligten nützt. Der Brite David Ricardo hat mit seiner Theorie des komparativen Kostenvorteils herausgefunden, dass sich die internationale Arbeitsteilung selbst für die Länder lohnt, die bei allen handelbaren Gütern höhere Kosten haben.

Doch solche Überlegungen lassen die Verteilungswirkungen des Freihandels außer Betracht. Die sprichwörtliche Importsucht der Amerikaner nach billigen Produkten aus China oder Lateinamerika hat vielen Arbeitnehmern im Industriegürtel der USA den Job gekostet. Der Protektionist Donald Trump profitierte davon.

Welche Vorteile bringt der Freihandel diesen Arbeitnehmern, wenn sie sich mit niedrigeren Löhnen abfinden müssen oder sogar ihren Arbeitsplatz verlieren? Die liberalen Ökonomen Nicholas Kaldor, Tibor Scitovsky und John R. Hicks haben sich mit dieser Frage schon vor 80 Jahren beschäftigt. Ihre Ergebnisse sind heute noch gültig. Danach ist eine Änderung in der Wirtschaftspolitik, etwa die Öffnung von Märkten, nur dann für alle vorteilhaft, wenn die Verlierer so kompensiert werden, dass sie die Veränderung akzeptieren.

Die Arbeitnehmer der vom Freihandel negativ betroffenen Industrien müssen also einen Ausgleich erhalten. Das kann in Form direkter Zahlungen geschehen oder in Angeboten, die Arbeitnehmer umzuschulen. Es war der Fehler der US-Demokraten, aber auch von liberalen Politikern in Europa, diesen Zusammenhang nicht beachtet zu haben. Wenn sich aber bestimmte Schichten als ökonomische Verlierer fühlen, tendieren sie dazu, Populisten zu wählen.

Der Freihandel ist ein ökonomischer Segen, weil er große Vorteile für alle Seiten bringt. Produziert er zu viele Verlierer, ist er auch ein Fluch, der am Ende sogar die Demokratie destabilisieren kann.

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