Kolumne: Die Ökonomin VW bittet den Steuerzahler zur Kasse

Ärgerlich, aber steuersystematisch logisch: VW kann die Rückruf-Kosten absetzen. Ärgerlich und nur machtpolitisch begründet: Dieselhersteller erhalten neue Geschenke.

Volkswagen gibt sich nach dem Abgas-Skandal reumütig, immer wieder entschuldigen sich Manager des Autokonzerns. Kein Wunder, ein kleines Sorry kostet nichts. Ganz anders sieht es bei Rückruf-Aktion und Strafen aus. 6,7 Milliarden Euro hat das Unternehmen nur für den Rückruf zurückgestellt. Auf Krokodilstränen verzichtet Finanzvorstand Frank Witter wohlweislich. Denn das Ganze wird den Konzern am Ende deutlich weniger kosten, als es derzeit scheint. VW wird einen großen Teil der Kosten auf den deutschen Steuerzahler abwälzen. Er gehe davon aus, dass die Beträge steuerlich absetzbar seien, beruhigte Witter Analysten.

Es ist kaum mit dem allgemeinen Rechtsempfinden zu vereinbaren, dass ein Konzern die Lasten aus seinen kriminellen Aktionen sozialisieren kann. Doch dies entspricht der Logik des deutschen Systems: Mit der Körperschaft- (und Gewerbe-) Steuer besteuert der Staat Gewinne. Und dabei darf ein Unternehmen alle Ausgaben mindernd geltend machen, die bei der Gewinnerzielung anfallen. Eine Weile durften Firmen sogar Schwarzgeld als nützliche Ausgaben absetzen. Frei nach dem Motto: Ohne Bakschisch kann man im Osten keine Geschäfte machen. Immerhin: Dies wurde gestrichen. Und VW darf auch nicht alle Kosten, die durch "Dieselgate" entstehen, absetzen - die für Rückrufe ja, Bußgelder nein. Das wäre ja auch noch schöner. Ein Arbeitnehmer kann auch keine Bußgelder absetzen, nur weil er die Knöllchen rasend auf dem Weg zur Arbeit erzielte.

Nichts mit Steuersystematik, sondern nur mit Machtpolitik zu tun hat dagegen der jüngste Entscheid aus Brüssel: Auf Druck von Deutschland und Frankreich bleiben die neuen Grenzwerte für giftige Stickoxide bei Dieselautos weit hinter den Vorschlägen der EU-Kommission zurück. Lasche Vorgaben auch beim klimaschädlichen Kohlendioxid, Abwrackprämie, Pendlerpauschale: Welche Branche wird von der deutschen Politik so hofiert wie die Autobranche? Bezahlen (auch mit ihrer Gesundheit) müssen eben andere.

Fragen? Schreiben Sie der Autorin unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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