Die Ökonomin Rettet das Ehegatten-Splitting!

Das Splitting ist in Verruf gekommen: Es nutzt den Reichen und schadet den Frauen, heißt es oft. Tatsächlich sorgt es für eine gerechte Besteuerung.

Elf Millionen Paare in Deutschland nutzen bei der Einkommensteuer das Ehegatten-Splitting. Doch dies kommt immer mehr in Verruf. "Das Splitting zementiert die Hausfrauen-Ehe", rufen Frauenbewegte. Stimmt. Der Splitting-Vorteil ist besonders groß, wenn nur einer arbeitet und sein Einkommen gegenüber dem Fiskus auf zwei Köpfe aufgeteilt wird. Das hält Frauen tendenziell auch davon ab, nach der Kinderphase wieder berufstätig zu werden.

"Das Splitting nutzt vor allem den Reichen", klagen Linke. Stimmt auch. Je größer das Einkommen des Alleinverdieners ist, desto größer ist der Splitting-Vorteil. Das ist die Kehrseite des progressiven Steuertarifs. Der maximale Steuervorteil liegt bei 15 000 Euro im Jahr. So viel muss ein Paar weniger zahlen als ein Single, der dasselbe Einkommen hat wie die zwei zusammen.

Und doch gibt es zwingende Gründe, das Splitting zu erhalten. Ohne Splitting würde das Grundprinzip gerechter Besteuerung – gleich Leistungsfähige müssen gleich besteuert werden – verletzt. Gleiches Familieneinkommen würde plötzlich ungleich behandelt. Ein Ehepaar, in dem er 60 000 Euro verdient und sie nichts, müsste ohne Splitting mehr als doppelt so viele Steuern zahlen wie ein Paar, in dem beide 30 000 verdienen. Das Splitting ist kein ungerechtes Privileg für Ehen, sondern stellt Gerechtigkeit erst her. Wie Partner die Arbeit aufteilen, muss dem Fiskus egal sein.

Nicht egal darf es dem Staat sein, ob es in dieser Ehe auch Kinder gibt. Das Grundgesetz gibt ihm den Schutz der Kinder auf, und auch Wachstum und soziale Sicherung hängen von der Geburtenrate ab. Doch es gilt noch immer der Satz des ersten Wirtschaftsnobelpreis-Trägers Jan Tinbergen, dass jedes wirtschaftspolitische Ziel ein eigenes Instrument benötigt. Das Ehegatten-Splitting sichert die Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Andere Ziele brauchen andere Instrumente: Wer Kinder besser fördern will, sollte lieber über höheres Kindergeld oder bessere Schulen nachdenken. Wer die Erwerbstätigkeit von Frauen erhöhen will, über bessere Kitas. Das Splitting, 1958 erfunden, ist moderner als sein Ruf.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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