Die Ökonomin Die Ökonomie von Ehe und Scheidung

Wir heiraten nicht aus Liebe, sondern aus Kalkül. Die Ehe ist das Ergebnis einer rationalen Kosten-Nutzen-Abwägung, meint ganz unromantisch der US-Ökonom Gary Becker.

In diesen Tagen treten viele Paare vor Traualtar und Standesbeamten. Aus Liebe, meinen sie. Aus Kalkül, glaubt dagegen der US-obelpreisträger Gary Becker. Der Entschluss zu heiraten, sei das Ergebnis der rationalen Abwägung von Kosten und Nutzen. Demnach richtet sich die Partnerwahl nach der schnöden Frage, ob man gemeinsam mehr Wohlstand erreichen kann als allein. Zugleich wägen die Menschen ab, wie viel Zeit und Kraft es wohl kosten würde, einen noch besseren Partner zu finden.

Wenn die Theorie stimmt, lässt sich leicht erklären, warum es in westlichen Ländern heute mehr Singles und mehr Scheidungen gibt. Frauen sind besser ausgebildet und verdienen mehr als früher, so dass sich die Suche nach einem passenden Partner und das Heiraten für sie oft nicht mehr lohnen. (Vergünstigungen wie das deutsche Ehegatten-Splitting lehnt Becker selbstredend als eine Art Ehe-Markt verzerrenden Eingriff des Staates ab.)

Selbst die Zahl der Kinder, die ein Paar möchte, leitet sich für Becker aus dem Kosten-Nutzen-Kalkül ab: Ist die Frau gut ausgebildet, verzichtet sie für Kinder auf mehr Geld und Karrierechancen als eine Frau mit einfachem Job. Also entscheiden sich gut ausgebildete Frauen tendenziell für weniger Nachwuchs.

Auf diese Art erklären sich auch die mit dem Wohlstand der Gesellschaft zunehmenden Scheidungsraten: Je mehr Einkommen eine Frau hat, desto kleiner fällt der Vorteil aus, den sie aus einer Ehe zieht. Und umso mehr fällt für sie Ärger mit dem Partner ins Gewicht.

Viele schelten Becker als "ökonomischen Imperialisten", weil er das Prinzip der Nutzenmaximierung auf alle menschlichen Bereiche ausgedehnt hat. Andere loben ihn als phänomenalen Ökonomen, so die Wirtschaftszeitung "The Economist" in ihrem Nachruf. Becker ist am 3. Mai im Alter von 83 Jahren gestorben. Glücklich verheiratet übrigens.

Fragen? Schreiben Sie der Autorin unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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