Kolumne: Die Ökonomin Der Missbrauch der Kurzarbeit

Volkswagen will "nur" für das Werk Emden Kurzarbeitergeld. Doch auch dafür fehlt jede gesetzliche Basis, und es ist unsozial. Die Arbeitsagentur muss VW in den Arm fallen.

Mit einer Tataren-Meldung beglückte Volkswagen gestern die Öffentlichkeit: Man werde nur in einem der sechs vom Zuliefer-Ärger betroffenen Werken Kurzarbeit beantragen, und zwar in Emden. In Wolfsburg und Zwickau habe man die Probleme dagegen selbst auffangen können. Der Autobauer stellt der Gesellschaft damit statt 28.000 "nur" 7500 Mitarbeiter auf den Hof. Toll, oder?

Nein. Das Ansinnen von VW-Chef Matthias Müller, die eigenen Probleme zu Lasten der von allen Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragenen Arbeitslosenversicherung zu lösen, ist prinzipiell dreist. Kurzarbeitergeld soll laut Sozialgesetzbuch III solchen Unternehmen helfen, die "infolge wirtschaftlicher Ursachen oder eines unabwendbaren Ereignisses" vorübergehend verkürzt arbeiten müssen. Davon kann bei VW keine Rede sein. Der Konzern selbst hat die Auslagerung an Zulieferer und das Ende der Lagerhaltung vorangetrieben. Dumm, aber nicht unabwendbar, dass VW sich bei seiner "Lean Production" von einem Zulieferer wie der Prevent-Gruppe so abhängig gemacht hat. Gleiches gilt für den Preisdruck, den VW infolge seines Abgasskandals auf den Zulieferer ausgeübt hat. Damit fehlt jede Grundlage für die Gewährung von Kurzarbeitergeld. Man darf gespannt sein, ob die Arbeitsagentur in Emden den Mut hat, dem großen Arbeitgeber die Zahlung zu verweigern.

Dass andere Unternehmen ähnliches probieren, ist kein Freibrief. Früher hat die Bauwirtschaft im Winter regelmäßig versucht, die Allgemeinheit zu schröpfen, bis eine Branchenlösung gefunden wurde.

In der Wirtschaftskrise 2008 hat das Kurzarbeitergeld Hunderttausende Jobs gerettet und sich als Instrument bewährt. Die Politik darf nicht zulassen, dass der Skandalkonzern VW es nun kaputt macht.

Ihre Meinung? Schreiben Sie der Autorin unter kolumne@rheinische-post.de.

(RP)
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